Mission 1: Aufbau

Starbase Mamori - Die Chronik
Juli 2005, Teil "0": Gesamtzüge: 118
Mission 1, Teil 11 bzw. Mission 2, Teil 0
Die "Zwischenchronik": Zwischen Mission 1 und Mission 2
Spielzeit: 2. Juni - 30. Juni 2380

Kapitel 11: In der Zwischenzeit

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--- Nächster Tag, 2. Juni 2380 ----

Die Starbase Mamori wird von 5 Schleppschiffen an den Rand des Föderationsgebiets geschleppt und dort montiert. Dann wird sie weiter geschleppt bis zu ihrem endgültigen Standort zwischen Minory- und Sarkass-System, im Beta-Quadranten in der Nähe des galaktischen Zentrums.

Die folgenden Begebenheiten ereigneten sich während dieser vier Wochen dauernden Aufbauphase.


--- 2. Juni, 19:00 Uhr, Mamori, auf dem Weg zu Quartier Kadahn

Es war gar nicht weit zu Kadahns Quartier, aber je näher es ihm kam, desto nervöser wurde Wrad. Seine ganze Entschlossenheit und Selbstsicherheit fielen in sich zusammen, sein Herz pochte, seine Antennen drehten anscheinend Pirouetten, und seine Stirn bekam einen feuchten Schimmer. Außerdem wurder er immer langsamer, und sein Blick schien magnetisch vom Fußbodenbelag angezogen zu werden. Trotz allem stand er schließlich vor Marra'schas Tür. Tief durchatmend riss sich der Andorianer zusammen und drückte auf den Türsummer.


--- 2. Juni (gleicher Tag), 19.00 Uhr, Mamori, Quartier Kadahn

Marra'scha saß über einigen PADDs und haderte noch ein wenig am bürokratischen Aufwand, um eine Wissenschaftsstation neu einzurichten. So musste sie Unmengen Bedarfsanforderungen ausfüllen, Anfragen stellen, Abteilungen kontaktieren und es zuständigen Offizieren recht machen, als der Türsummer ging. Die Narkani sagte kurz "Herein", legte ein PADD beiseite und schaute, wer dort die Türe hereinkam.

"Guten Abend, M...Miss Kadahn", stammelte er, gerade noch rechtzeitig bedenkend, dass sie von ihm sicher nicht mit Vornamen angesprochen werden wollte - was er fast getan hätte. Der Andorianer war sofort wieder völlig in Marra'schas Bann. Seine Augen leuchteten fast fiebrig, und sein Körper war wieder völlig in Aufruhr, als sein Blick ihren Körper herunter glitt und dort fast gewaltsam auf dem Fußboden fixiert wurde.

Marra'scha stand wie vom Blitz getroffen von ihrem Schreibtisch auf. Ihre Krallen bohrten sich in ihren Schreibtisch. 'Was wagt sich dieser Cretin hierhin??' schoss es ihr durch den Kopf. Ihr Schwanz pendelte nervös hinter ihr von links nach rechts, die Ohren angelegt. Die Narkani stand unter höchster Anspannung, jederzeit bereit sich auf den Andorianer zu stürzen. Alleine sein lüsterner Blick reichte aus, um sie fast überkochen zu lassen.

Wrad beschloss, nicht einen Augenblick mehr abzuwarten, sondern es einfach hinter sich zu bringen. An Ort und Stelle, noch im Korridor, ließ er sich auf ein Knie herunter. Seine Hände stützte er auf seinem aufgestellten Bein ab. "Ich möchte Sie in aller Form um Verzeihung bitten", legte er ohne Umschweife los, "für gestern Abend. Ich habe einen unglaublich grossen und dummen Fehler begangen. Ich habe sie zu Tode erschreckt... bitte glauben Sie mir, dass mir das von Herzen leid tut. Es war keineswegs meine Absicht, Sie zu erschrecken - und erst recht nicht, Ihnen irgend etwas anzutun." Mit einiger Mühe hob er seinen Blick und sah Marra'scha direkt in die Augen. "Ich versichere Ihnen, dass das gar nicht meine Art ist, und dass das nie wieder vorkommen wird." Ernst und angespannt starrte er sie an und wartete auf eine hasserfüllte Reaktion.

Da stand sie nun... immer noch hinter ihrem Schreibtisch, aber die Wut war verflogen. Stattdessen war sie schlichtweg verdutzt... mit einer solchen Szene hatte sie nun überhaupt nicht gerechnet und bekam folglich auch kein Wort mehr heraus. Ihre Körpersprache entspannte sich sichtlich.

Wrads Blick wechselte zu ausgesprochener Überraschung darüber, dass Marra'scha gar nicht mehr hasserfüllt wirkte. "Es wird sicher einige Zeit dauern, bis Sie mir verzeihen und erst recht bis Sie mir wieder vertrauen können. Das verstehe ich. Wenn es etwas gibt, womit ich dazu beitragen kann - ausser dass ich mich von Ihnen möglichst fern halte - dann sagen Sie es mir bitte." Die Stimme des Andorianers klang etwas sicherer und fester als zuvor, aber sein Körper war nach wie vor extrem angespannt. Seine Lust liess partout nicht nach, im Gegenteil, und ihre weniger feindliche Miene machte es ihm nicht leichter. Also fixierte er verlegen seinen Blick wieder zu Füßen der Narkani.

"Ich Ihnen verzeihen??" brach es schlussendlich doch aus Marra aus. "Das ist ja wohl die Höhe. Ich kann Ihnen versichern, bis ich einmal daran denken werde Ihnen zu verzeihen, wird noch einiges an Zeit vergehen. Sie wollten sich an mir vergehen, nachdem sie kein Nein akzeptieren wollten, und ich persönlich halte es für eine Unverschämtheit, dass sie weiterhin Teil der Mamori-Crew sind, und nicht bis zu einem ordentlichen Gerichtsverfahren in einer Zelle schmoren."

Die Narkani stand immer noch hinter ihrem Schreibtisch und ihre Arme stützen sich weiterhin auf dem Schreibtisch ab, inzwischen zitterten sie jedoch sichtlich. Zu guter Letzt schrie sie dem Andorianer förmlich entgegen:"Und jetzt verlassen Sie bitte auf der Stelle meine Quartier und setzen nie wieder einen Fuß hier rein!" Bei letzterem wies sie mit der rechten Hand auf die Tür.

Wrad erhob sich nickend. Mit SO EINER Reaktion hatte er eigentlich von vorneherein gerechnet. "Ich BIN ausserhalb Ihres Quartiers. Und ich BIN im Arrest, zu Ihrer Information, außerhalb meines Dienstes. Und es GAB ein 'ordentliches' Gerichtsverfahren", stellte er klar. Aber dann wurde er wütend - so sehr, dass seine Wut sogar seine Lust noch überflügelte.

"UND ICH WOLLTE MICH NICHT AN IHNEN VERGEHEN! Und ICH HABE mich auch nicht an Ihnen vergangen! UND SIE haben NICHT NEIN gesagt, sondern GAR NICHTS, SIE HABEN MICH GLEICH IN DIE EIER GETRETEN!" Er deutete mit dem Finger auf Marra'scha, während er das förmlich herausbrüllte. Seine Fühler waren direkt auf sie gerichtet, und das ganze Ausmaß seiner Gefühle spiegelte sich auf seinem Gesicht wider. "Ich gehe jetzt", sagte er etwas leiser, nachdem er einmal tief Luft geholt hatte, "das wollte ich nur gesagt haben." Er hatte ja geahnt, dass es nichts nutzen würde. Aber immerhin hatte er es hinter sich gebracht, wie auch immer.

In Marra'schas Kopf verwies sie den Andorianer noch mit einem lautstarken 'lassen Sie sich hier nie wieder blicken' aus dem Quartier, aber sie schaffte es nicht. Ihre schnelle Atmung, die fast einem Hecheln gleichkam, und der hohe Puls aus der Aufregung entließen keinen Laut aus ihrem Hals. Die Narkani stand noch einige Minuten regungslos im Zimmer, ihren Blick auf die inzwischen längst geschlossene Tür gerichtet, in der der Andorianer gestanden hatte, bevor die Frustration und Wut aus ihr herausbrach. Alles, was im wahrsten Sinne des Wortes nicht niet- und nagelfest war, flog wenige Augenblicke durchs Zimmer und zerschellte an Wand oder Boden. Ob die Wut früher verfliegen würde, oder ihr die Einrichtungsgegenstände ausgingen, würde sich zeigen.


--- 2. Juni (gleicher Tag), 19:00 Uhr, SB Mamori, Quartier Thlhom

Ireihvae saß in ihrem Quartier. Dort fühlte sie sich wohler, als in der viel zu leeren kahlen Wissenschaftsabteilung. Die leeren Räume erinnerten sie zu sehr an all das, was noch fehlte. Es war ihre Aufgabe, die Einrichtung eines provisorischen Labors zusammen zu stellen. Das Labor war nach dem folgenschweren Zwischenfall mit den Schutzanzügen bereits für sofort genehmigt worden. Nun sollte Ireihvae es nach ihren Vorstellungen gestalten. Die Pläne sollten noch heute fertig werden und von Marra'scha genehmigt werden. Dann sollte Commander Michaels sie gegenzeichen und Wrad als OPS Offizier mit Ireihvae und der Technik die Realisation übernehmen. Je eher das Labor fertig wurde, desto besser. Niemand konnte wissen, ob es bei diesem einen Anschlag blieb, und was die Untersuchung der Anzüge ergeben konnte.

Ireihvae hatte überlegt, was für das Labor notwendig und sinnvoll war, und wie sie es gestalten konnte damit ihre Pläne schnell realisierbar waren, und damit andererseits nicht zu viel Ressourcen verschwendet wurden. Möglichst viel von der Einrichtig sollte portabel genug sein, um ohne große Verluste später in die endgültigen Wissenschaftlichen Räume umziehen zu können. Als ihr Entwurf fertig war, las sie ihn noch einmal durch, verbesserte ein paar Details und brachte ihn schließlich in eine endgültige Fassung, mit der sie zufrieden war. Ireihvae stand auf, nahm ihr PADD und machte sich auf dem Weg zu Marra'scha.

-- 19.05 Uhr, vor Quartier Kadahn

Ireihvae stieg aus dem Turbolift und betrat den Korridor, auf dem Marra'schas Quartier lag. Sie hörte eine laute Stimme, Wrads Stimme, und beschleunigte beunruhigt ihre Schritte. Was er sagte war nicht zu überhören. Sie blieb stehen und sah Wrad erschrocken an. Erschrocken darüber, das sie in eine allzu persönliche Szene geraten war. Die Tür von Marra'schas Quartier schloss sich. Ireihvae war allein mit Wrad. Sie schluckte betreten.

Wrad blickte betreten zu Boden und seufzte schwer. Schließlich hob er seinen Blick wieder. "N'Abend", grüsste er die Wisschenschaftlerin leise. Er wusste nicht, was er sonst sagen sollte, und wandte sich zum Gehen.

"Guten Abend, Ensign Kaan", sagte Ireihvae. Etwas leiser fuhr sie fort. "Es tut mir leid, das ich unfreiwillig Zeugin einer sehr persönlichen Szene wurde. Ich fühle mich selbstverständlich zur absoluten Diskretion verpflichtet... ich habe nichts gehört." Sie zögerte kurz. War ausgerechnet jetzt der richtige Zeitpunkt um zu Marra'scha zu gehen? Vermutlich nicht, wenigstens nicht sofort. Ireihvae wandte sich noch einmal an Wrad. "Ensign Kaan, haben sie heute noch Zeit, um einen Blick auf den Entwurf für das provisorische Labor zu werfen? Mich interessiert, ob meine Pläne aus Sicht der OPS kurzfristig realisierbar sind."

"Schon gut - danke", brummte er etwas unwirsch mit einer wegwerfenden Handbewegung. Diskretion war die geringste seiner Sorgen. "Ja, ich habe Zeit dafür", nickte er dann, denn schließlich würde er den Abend in seinem Quartier unter Arrest stehen. Diesen und noch etliche weitere Abende. Eine furchtbare Aussicht... "Geben Sie es mir mit, ich sehe es mir an", streckte er die Hand aus.

Ireihvae reichte Wrad ihr PADD. Der Inhalt war in ihrem persönlichen Datenbereich des Hauptcomputers gespeichert. Sie konnte jederzeit ihre Pläne auf ein neues PADD laden und damit zu Marra'scha gehen. Ihre Verlegenheit war verschwunden, sie war jetzt ganz dienstlich und sachlich.

Aus Marra'schas Quartier drang plötzlich ein lautes Getöse. Mit einem Seufzer warf Wrad einen Blick auf das Quartier. "Wir sollten besser gehen", meinte er verlegen, das PADD in der Hand. "Ich... muss...", eigentlich musste er in sein Quartier, aber wollte er ihr das wirklich sagen? Oder womöglich gar den Grund dafür? Aber andererseits, gab es denn einen irgend eine Chance, dass dieser Grund auf Mamori geheim blieb? Wohl kaum.

"Ich nehme an, Sie wissen was passiert ist", vergewisserte er sich, einen prüfenden Blick auf das PADD werfend, um Ireihvae dabei nicht in die Augen sehen zu müssen. "Vielleicht... können wir in die Wissenschaft gehen und es uns an Ort und Stelle ansehen", fiel ihm plötzlich ein Vorwand ein, um noch nicht in sein Quartier zu müssen.

Ireihvae nickte: "Ja, wir sollten gehen. Die Räume der Wissenschaft anzusehen ist ein guter Vorschlag." Es war definitv der falsche Zeitpunkt um zu Marra'scha zu gehen. Später mochte sie dankbar für eine Ablenkung in Form eines dienstlichen Gespräches sein, jetzt aber fehlte ihr dafür die Ruhe und die Konzentration. Sie wandte sich um, zurück in die Richtung des Turbolifts, aus dem sie gekommen war. "Wissen was passiert ist? Wenn sie private Dinge meinen, darüber gibt es nur wilde Gerüchte und üble Spekulationen, die wahrscheinlich viel schlimmer sind als die Wahrheit. ... Wenn Sie die Bombenentschärfung meinen, ich war dabei." Sie lächelte leicht. "Ich habe die Erstuntersuchung der Schutzanzüge durchgeführt, und das provisorische Labor war mein Vorschlag. Nach dem Bomben-Vorfall brauchen wir es, im Sinne der Stationssicherheit. Es ist sofort genehmigt worden. Nun ist die Einrichtung und Ausstattung meine Aufgabe."

Sie hatten den Turbolift erreicht. Ireihvae stieg ein. "Keine einfache Aufgabe. Das Labor soll so gut wie sofort einsatzbereit sein, später ohne wesentliche Ressourcenverschwendung in die dauerhaften Räume umziehen können, und trotzdem sehr leistungsfähig sein."

Wrad nickte: "Ja, da haben Sie Recht... die Aufgabe ist nicht leicht, aber dafür umso wichtiger. ....Ähm, ich meinte nicht die Bomben- entschärfung, sondern die privaten Dinge, die Sie gerade eben mitbekommen haben. Also wenn Sie meinen, dass die Gerüchte schlimmer sind... aber die Wahrheit sieht aus allen Augenpaaren verschieden aus... Ich könnte Ihnen höchstens MEINE Wahrheit mitteilen."

Er stockte, als der Turbolift hielt. Sie stiegen aus und gingen zur provisorischen Wissenschaft.

Ireihvae öffnete die Tür, sie und Wrad traten ein. "Natürlich können Sie nur über IHRE Wahheit berichten, welche sonst?" sagte sie und war gar nicht überrascht, das er von 'mehreren' Wahrheiten sprach. "In einer alten terranischen Geschichte, die ich einmal gelesen habe heißt es 'You're going to find that many of the truths we cling to, depend greatly on our own point of view.' Dem stimme ich voll zu. Mein Volk hat das auch immer so gesehen. Wir haben sogar zwei verschiedene Worte für 'Wahrheit'. Das eine entspricht in etwa dem Föderations- standard-Wort für 'Wahrheit', das andere lässt sich übersetzen mit 'erzählte Wahrheit' oder auch 'erlebte Wahrheit'. Beide Wahrheiten gelten als gleichwertig, aber nicht identisch."

Die Romulanerin lächelte dem Andorianer zu. "Jede erzählte Wahrheit ist besser als ein Gerücht, das bereits durch viele Seelen die Runde gemacht hat."

Wrad lächelte fasziniert über ihre belesenen Ausführungen. "Schön. Also meine erlebte Wahrheit ist: Ich habe Miss Kadahn zu Tode erschreckt, in dem ich versucht habe, sie zu küssen. Das ist alles. Ich bin verurteilt worden...u.a. zu Haft. Sobald wir hier fertig sind, muss ich in mein Quartier."

Seine Stimme war mittlerweile wieder ganz ruhig, und er musterte Ireihvae gespannt, wie sie seine Darstellung aufnahm. Es war ein erleichterndes Gefühl, nüchtern und kurz darüber zu sprechen, und sich keine Gedanken mehr darüber zu machen, was der andere wohl wusste oder dachte. Nun konnte er das Thema für sich abhaken und sich auf die Arbeit konzentrieren.

Er sah sich kurz um und las dann Ireihvaes Planung durch.

Ireihvae war froh, das bereits ein Tisch mit dem Computer in den sonst sehr leeren Räumen stand. Schockiert setzte sie sich auf die Tischkante. Während Wrad ihren Plan las, versuchte sie zu verstehen. "Zu Tode erschreckt - Haft - ein Erster Offizier, der von einem Überfall, schlimm wie eine Schießerei spricht - und das alles nur wegen einem Kussversuch!? Und SIE hat Sie gleich geschlagen und noch nicht mal versucht 'Nein' zu sagen?" fasste sie entsetzt zusammen. "Ich weiß nicht, ob ich die Föderation je verstehen werde. Ich lebe seit 20 Jahren in der Föderation, zugegeben bisher in relativ homogenen Gruppen, und doch ... das ist ein echter Kulturschock für mich. Ensign Kaan, was soll das eigentlich? Verstehen Sie das? So viele Völker leben in der Föderation seit Jahrzehnten und länger zusammen, bewusst und willentlich. Sie reden von großer Toleranz, aber echte Toleranz hört nicht auf bei unterschiedlichen Hautfarben, bei der Form der Ohren und bei geriffelten Nasen. Sie akzeptiert auch unterschiedliche Wertvorstellungen, unterschiedliche Ethik, unterschiedliche Sitten und Mentalitäten als verschieden aber gleichwertig. Jedenfalls habe ich das bisher geglaubt. Wo ist diese Gleichwertigkeit jetzt? Was Sie getan haben ist schlimmstensfalls ein kulturelles Missverständnis. Für viele Kulturen ist ein Kussversuch, der vor einem 'nein' halt gemacht hätte, etwas ganz natürliches. In Marra'schas Kultur offensichtlich nicht. Sie haben das nicht gewusst. Das macht Sie doch nicht zum Verbrecher! In einer Föderation, in der so viele verschiedene Kulturen ständig miteinander umgehen, sollte es dafür doch Regeln und Verständnis geben. Sonst steht man doch ständig mit einem Bein im Gefängnis und weiß nicht mal warum?" Ratlos und irritiert sah Ireihvae Wrad an. Sie wußte einfach nicht, was sie davon halten sollte.

Erstaunt sah Wrad von seiner Lektüre wieder auf. Mit so viel Zuspruch hatte er nun wirklich nicht gerechnet, im Gegenteil. Seine Mine hellte sich auf. "Miss Tlom", war das ihr Name? Er war sich nicht sicher, "Ich danke Ihnen. Dafür dass Sie mich nicht verurteilen. Aber vielleicht habe ich meine Darstellung auch etwas zu sehr verharmlost. Sie müssen sich nicht so aufregen darüber. Es war kein kulturelles Missverständnis, und es hatte nichts mit Toleranz zu tun. Es war noch nicht mal ein Missverständnis zwischen Mann und Frau. Es war... männliche Unbeherrschtheit. Miss Kadahn war schockiert, weil sie mich nicht ermutigt hat, sie zu küssen. Wir haben noch nicht mal miteinander geflirtet. Sie hat nicht damit gerechnet, und ich hatte erst Recht nicht ihre Erlaubnis. Und das ist sehr wohl, wenn kein Verbrechen, so doch ein sehr großer Fehler." Er seufzte schwer und blickte betreten zu Boden. "Es war mindestens ein 'tätlicher Angriff', sagte Dana, oder vielleicht sogar sexuelle Belästigung. Miss Kadahn ist zu Recht empört, und ich habe eine Strafe dafür verdient. Die akzeptiere ich auch, und ich bin sehr froh, dass ich in der Sternenflotte, auf Mamori und sogar Offizier bleiben darf."

Tief Luft holend sah er ihr wieder in die Augen. "Es WAR ein schlimmer Fehler von mir, der nicht vorkommen darf. Und der sich ganz sicher niemals wiederholen wird. Weder mit Marra'scha, noch mit sonst irgend jemandem."

Ireihvaes Empörung verblasste. Sie war wieder ruhig und gefaßt. "Es gibt eine Menge Kulturen, in denen männliche Unbeherrschtheit als sehr attraktiv empfunden wird. Sie mögen einen Fehler gemacht haben, als Sie sich zu schnell einer Frau einer Ihnen fremden Kultur genähert haben, deren Signale und Grenzen Sie nicht kannten. Das ist aber auch schon alles. Es ist tragisch, dass Sie Marra'scha damit unbeabsichtig weh getan haben, aber es spricht sehr für Sie, das Ihnen das leid tut. Einen Grund, Ihnen etwas nachzutragen, oder Sie sogar aus der Sternenflotte zu entlassen, seh ich darin nicht. Übrigens ist meiner persönlichen Meinung nach ein Kussversuch kein Angriff und erst recht keine sexuelle Belästigung. Selbstverständlich nur sofern er bereit ist, vor einem 'nein' sofort Halt zu machen. Wobei ein unbeherrschter und zu früher Kussversuch wohl eher ein 'nein' als Antwort riskieren dürfte. Doch das ist meine persönliche Meinung."

Wrad lächelte zaghaft, sehr angenehm überrascht über Ireihvaes Reaktion. "Danke, dass Sie mir das gesagt haben", meinte er ernsthaft, "das ist sehr tröstlich für mich." Er machte eine kurze Pause, in der er auf die Wissenschaft und das PADD deutete - nun wollte er zu diesem Thema kommen. "Also, was die Laboreinrichtung angeht: Die Komponenten sind ohne Frage sinnvoll. Aus OPS-Sicht gebe ich höchtens zu bedenken, dass wir zur Zeit nur mit minimaler Energie ausgestattet sind. Zu den Zeiten, wo das Labor voll ausgelastet werden soll, würde ich darum bitten, dass Sie die OPS informieren, so dass wir für diesen Zeitraum woanders Energie einsparen können", schlug er vor.

"Gut. Ich werde das berücksichtigen" versprach Ireihvae. Sie dachte nach. "Was denken sie, wie lange es dauern wird, das Labor zu installieren?"

"Es hat höchste Priorität", überlegte Wrad, "wenn alle verfügbaren Kräfte mitarbeiten - zwei Tage, oder was meinen Sie?"

Ireihvae war mit Wrads Antwort zufrieden. Es gefiel ihr, das die Angelegenheit so ernst genommen wurde, wie sie selbst es einschätzte. "Zwei Tage sind gut. Ich biete meine Mitarbeit beim Aufbau an. Ich bin zwar keine Technikerin, kann aber als die Wissenschaftlerin, die in dem Labor arbeiten wird, bei der Installation nützlich sein", schlug sie vor. Sie sah Wrad an und vermutete, das es ihm recht war. Solange Marra'scha nicht bereit war zu verzeihen musste es für beide schwer sein, zusammen zu arbeiten. Ireihvae konnte als Mittlerin zwischen Wissenschaft und OPS den Zündstoff zwischen Wrad und Marra'scha aus der dienstlichen Ebene herausnehmen, so dass es nur noch die Privatangelegenheit der beiden war, aber den Dienst an Bord nicht mehr störte.

"Sehr gut", nickte Wrad. Dass sie beim Aufbau nützlich sein würde, verstand sich wohl von selbst. Dass Ireihvae jedoch in der Lage war, auch jetzt, da sie wusste, was zwischen Marra'scha und ihm vorgefallen war, so sachlich, sogar freundlich mit ihm zusammenzuarbeiten, verwunderte ihn sehr. Und es machte Mut. Seine Laune besserte sich ein wenig. Hoffentlich hatte er auch mit anderen Kollegen so viel Glück. Erneut schenkte er ihr ein schwaches Lächeln. "Ist damit alles geklärt, oder haben wir noch etwas vergessen?" überlegte er laut.

Ireihvae dachte nach. Hatte sie etwas vergessen? Ihr fiel nichts ein, nicht auf Anhieb. "Sollte ich noch etwas vergessen haben, dann melde ich mich", schlug sie vor. Sie musste noch zu Marra'scha und dann zu Commander Michaels. Ein Problem daraus erwartete sie nicht. Ihre Arbeit war sorgfältig und sie konnte sie begründen.

"In Ordnung." Er wandte sich schon zum Gehen, als ihm noch etwas einfiel. "Gute Arbeit, Miss Tlom - Entschuldigen Sie bitte, ich habe mir Ihren Namen noch nicht richtig gemerkt, ist er so richtig?" Freundlich lächelte er sie an.

"Ireihvae Thlhom", antwortete Ireihvae. Sie sprach es nach Silben getrennt aus, 'I-reih-va-e T-hl-hom' mit Betonung auf 'reih' und 'hom'. "Ireihvae ist mein Vorname, Thlhom ist der Name, den mir die Sternenflotte gegeben hat, mehr oder weniger zufällig und mehr oder weniger missverständlich. Es ist ein Wort in meiner Heimatsprache, gehörte aber solange nicht zu meinem Namen, bis die Sternenflotte meine Akte anlegte und ich es akzeptierte. Jetzt bin ich Po2 Miss Ireihvae Thlhom." Sie lächelte.

Wrad runzelte erstaunt die Stirn. "Wie meinen Sie das, ein zufälliger, missverständlicher Name, den Ihnen die Sternenflotte gegeben hat? Was ist mit Ihrem Clannamen?"

Ireihvae hätte geschluckt, wenn sie nicht befürchtet hätte, sich dadurch zu verraten. Sie wollte nicht lügen. Das bedeutete aber, auf jedes einzelne ihrer Worte acht zu geben. Sie beschloss, es zu versuchen. "Ich habe meinen Familiennamen und meinen Clannamen abgelegt. Die Menschen in einer landwirtschaftlichen Kolonie sind prächtige Leute, aber nicht sonderlich sprachgewandt. Ich hätte es nicht gemocht, wenn man über mich ständig 'Irej... Wer?' gesagt hätte. Mein Vorname allein war für die Siedler kompliziert genug." Ireihvae lachte: "Ich hatte recht damit. Letztendlich ist es mir nicht viel besser ergangen. Als ein Sternenflottenoffizier mich nach meinem Nachnamen fragte, wußte ich nicht gleich was ich antworten sollte, wo doch deren Universaltranslatoren nicht mal den Namen meines Volkes korrekt übersetzen können. Als ich noch ratlos und in Gedanken in meiner eigenen Sprache stammelte 'Ähm ... mein ... äh ...' trug er bereits 'Mein' in die Personalakte ein, denn Thlhom heißt 'mein'. Ich habe es dabei belassen. Alles andere wäre zu kompliziert gewesen." Sie hatte die Hürde genommen und es geschafft nicht zu lügen.

Wrad schmunzelte beim Zuhören. Das war die unglaublichste Geschichte, die er je gehört hatte. Es gab nicht viele Gründe, seinen Clan- und seinen Familiennamen abzulegen. Vor allem kaum legale. Ganz sicher war es nicht die Kompliziertheit eines Namens. Ok, aber dass man dann ins Stammeln geriet, wenn man nach dem Namen gefragt wurde, oder eine solche abenteuerliche Geschichte erzählte - das war glaubwürdig.

Seine Neugier war geweckt. Diese Frau hatte ein Geheimnis. Und sie traute ihm nicht - aber das überraschte ihn nicht. Wenn sie ihm vertrauen würde, das wäre viel überraschender gewesen.

Also warf er kurz einen prüfenden Blick in ihre Augen, die erleichtert wirkten, und nickte. "Thlhom - mein", wiederholte er grinsend. Er hatte heute abend sowieso keine Zeit mehr. "Ok, Miss Thlhom. Vielen Dank. Ich muss jetzt gehen. Einen schönen Abend noch."

Ireihvae lächelte gutmütig als Wrad über ihren Namen grinste. Für rihannische Begriffe war es wirklich lächerlich, und für andorianische wahrscheinlich auch. "Ok, Ensign Kaan. Ihnen wünsche ich auch noch einen angenehmen Abend", antwortete sie und sie meinte es ernst. Wenn es auch nicht einfach war, Worte zu finden, die so verstanden wurden, wie sie gemeint waren.


--- 3. Juni (nächster Tag), 17.00 Uhr, Mamori, Sicherheitszentrale

Talvert war nicht mehr... oder würde bis auf Weiteres ausfallen, so genau schien das nicht raus zu sein... deswegen saß Dana im Sicherheitshauptquartier und bearbeitete die Berichte über die entfernten Sprengsätze und die defekten Sicherheitsanzüge, die das Entschärfungsteam bei ihrer Tätigkeit getragen hatte. Sie las gerade einen weiteren Bericht aus der Wissenschaft, als eine Mitteilung zugestellt wurde:

*** Von Admiral Jonathan Westlake an Ensign Dana Vasquez

Mit sofortiger Wirkung werden Sie auf die USS Cairo versetzt, wo man Sie auf Ihre neue Aufgabe: Leiterin der Sicherheit auf der Starbase Mamori, vorbereiten wird.

Gez. Adm. J. Westlake" ***

Vasquez war ziemlich überrascht über die neue Order. Doch als kurz darauf ein anderer Ensign eintrat und sich als ihre "Vertretung" vorstellte, überliess sie ihm ihren Platz und machte sich ans Packen. Kurz darauf traf bereits die USS Cairo ein und beamte Dana nach Verabschiedung durch den kommandierenden Offizier Mamoris an Bord des Schiffes.


--- 4. Juni (nächster Tag), 10:00 Uhr, USS Cairo

Dana war nach Ihrem Eintreffen in die Sicherheitsabteilung des Schiffes integriert worden. Lt. Malmquist war mit ihrer Ausbildung beauftragt worden.


--- 11. Juni 2380 (1 Woche später), 18:00 Uhr, Mamori, Quartier Kaan

Ein kurzer leiser Piepton riss Wrad aus seiner Konzentration. Etwas mühsam und schweissgebadet rappelte er sich aus einer weiten Grätsch-Position auf. Für heute beendete er sein Training.

Vor ihm lag ein weiterer unendlich langer langweiliger Abend im Arrest in seinem eigenen Quartier. Die erste Woche war ja noch ganz erträglich gewesen. Er hatte viel Schlaf nachgeholt, viel trainiert und sich eingelebt. Aber nun fiel ihm die Decke täglich mehr auf den Kopf.

Der Piepton versprach jedoch den Eingang einer Nachricht, und vielleicht konnte die diesen Abend retten. Hoffnungsvoll musterte der Andorianer sein Terminal. Tatsächlich, die Antwort seiner Eltern war soeben eingetrudelt! Mit einem erfreuten Juchzer replizierte er sich eine grosse Apfelschorle und liess sich damit lässig in seinen Schreibtischsessel plumpsen. Was nur deswegen ohne Plemperei abging, weil er bereits etliche Schluck davon auf dem Weg dahin in sich hineingeschüttet hatte.

Es war schon über eine Woche her, dass er eine lange Nachricht für seine Eltern losgeschickt hatte. Wozu die Langeweile einen doch so bringen konnte... das letzte Mal, dass er sich bei seinen Eltern gemeldet hatte, war sozusagen ewig her, und entsprechend viel hatte er zu erzählen gehabt. Ausführlich hatte er von seinem Abschluss, Mamori, seinem neuen Arbeitsplatz und seinen Kollegen berichtet - und von dem Vorfall gleich am ersten Abend mit Marra'scha, einschließlich der Konsequenzen. Allerdings nicht, ohne vorher ausdrücklich darum zu bitten, dass seine minderjährigen Geschwister, namentlich Bila und Krals, an dieser Stelle den Raum verliessen. Er war ziemlich sicher, dass sie mithören würden, und damit auch sehr einverstanden - aber dieser Fall war nicht ganz jugendfrei, und vor allem gab er ein schlechtes Vorbild ab. Und ebenso sicher konnte er sich darauf verlassen, dass seine Eltern seinen Wunsch erfüllen würden, allem Protest der Jugendlichen zum Trotz.

Gespannt spielte er die Nachricht ab. Er strahlte, als er sah, wer alles zugehört und ihm geantwortet hatte: Neben seinen Eltern Lexa, Sorf, Mola und Tral und seinen jüngsten Geschwistern inklusive Kalem, die noch zuhause wohnten, waren auch seine Schwester Siga und sein Brudo Rexor mit ihren kompletten Familien zu Besuch und begrüssten ihn mit grossem Hallo. Begeistert lauschte er ihren Geschichten und Kommentaren. Dieser Teil zog sich lange hin, und am Ende war Wrad ganz von Heimweh ergriffen - ein sehr seltenes, ungewohntes, und nicht sehr einfach zu ertragendes Gefühl.

Dann jedoch wurden daheim gemäß Wrads Bitte sämtliche Kinder und Jugendliche unter Protest herausschickt - und das waren, dank der Familien von Siga und Rexor, ganze 10 Personen. Es wurde spannend. Gebannt blickte Wrad in die Gesichter der übrigen 11 erwachsenen Andorianer, während sie seiner Schilderung des Vorfalls und den anschließenden Geschehnissen lauschten. Natürlich waren alle wenig erbaut davon. Einige sahen nur ernst drein, manche betreten, und sein Vater Sorf und seine Schwester Siga sahen sogar ausgesprochen ärgerlich aus. Wrads Nachricht wurde häufig unterbrochen, um ausführlich dazu Stellung zu nehmen. Mit Vorwürfen und Ermahnungen wurde nicht gespart.

Wrad schluckte schwer. Ganz so schlimm hatte er sich das Ganze nicht vorgestellt. Und das war ja reizend, dass er sich die Vorwürfe nicht nur von seinen Eltern, sondern auch noch von seinen Geschwistern, Schwagern und Schwägerinnen anhören durfte. Sir Drowney und Dana wurden viel gelobt, und ihnen wurde von allen Seiten Dankbarkeit und bei Bedarf jedwede Unterstützung zugesprochen.

Schließlich kam die entscheidene Stelle: Wrads Frage an seine Eltern, ob sie eine Erklärung hatten für den "Zustand", in den ihn Marra'scha versetzte - und zwar grundsätzlich, wie er mittlerweile festgestellt hatte, ganz gleich, wie nüchtern, beschäftigt, in Gedanken, konzentriert oder was auch immer er war. Ihre blosse Anwesenheit in einem Raum genügte, um ihn vollständig aus dem Konzept zu bringen und in massive körperliche Aufruhr zu versetzen. Ob das in irgendeiner Form eine "typische" Entwicklung war, möglicherweise mit seinem Alter zusammenhängend? Letztlich war es diese Frage, die ihn seit 10 Tagen nicht mehr losliess, und die eine wesentliche Triebfeder für die lange Botschaft an seine Familie gewesen war.

Etwas ratlos blickten sich seine Verwandten in die Gesichter und schüttelten die Köpfe, je nach Temperament mehr oder weniger vehement. Sein Vater Tral ergriff als erster das Wort: "Also davon habe ich noch nie etwas gehört." Zustimmung von allen Seiten. "Der Alkohol war es dann wohl doch nicht", warf sein kleiner Bruder Kalem ein, "wenn es Dir immer so geht, wenn Du sie siehst..."

"Nun, Alkohol senkt schon die Hemmschwelle", erwiderte Mola, "und terranischer Riesling vielleicht besonders stark, das habe ich noch nicht probiert. Aber Kalem hat Recht, das kann nicht die einzige Erklärung sein, die anderen Male warst Du ja immer nüchtern."

"Ich glaube eher, dass diese Marra'scha offenbar eine Richtige für Dich ist", meinte Sorf. Wrad biss sich auf die Unterlippe. Was hätte er darum gegeben, in diesem Augenblick bei seiner Familie zu sein und "live" darauf reagieren zu können! Denn dass Marra'scha eine "Richtige" für ihn war, bezweifelte er sehr. "Sie scheint ja sehr attraktiv zu sein, nach Deiner Schilderung", fuhr Sorf fort. "Ich gebe zu, ich habe noch nie eine Narkani gesehen - aber katzenartig, mit Fell und so... sicher ist es nur diese besondere Schönheit, die so starke Gefühle in Dir auslöst."

"Wrad, mein Sohn", warf Lexa ein, "Du bist schon ziemlich lange erwachsen. Ich gehe davon aus, dass Du schon eine Menge entsprechender Erfahrungen gesammelt hast - auch wenn Du noch keine Gefährten hast..." Wrad verdrehte die Augen. Seine Mutter konnte es einfach nicht lassen, immer wieder zu bedauern, dass er noch solo war.

Lexa blickte in der Zwischenzeit die anderen an. "Ich bin sicher, er würde es wissen, wenn diese Marra'scha eine Richtige wäre, das spürt man doch. Er würde nicht fragen, wenn er dieses Gefühl hätte." Dankbar nickte Wrad.

"Also ich habe so etwas noch nie erlebt, Wrad", meldete sich sein Bruder Rexor zu Wort, "und ich glaube nicht, dass das mit Deinem Alter etwas zu tun hat." Das fand allgemeine Zustimmung.

"Also das kann ich Dir versichern, mein Junge, die Stärke Deiner Lust verändert sich nicht in grundsätzlichem Maße, sie bleibt mehr oder weniger so, wie Du sie kennst. Übrigens auch noch in meinem Alter", fügte Sorf hinzu, was ein unterdrücktes Grinsen bei einigen Jüngeren hervorrief.

"Also ein Maß, dass Du unter Kontrolle haben solltest", kommentierte Siga ernst, "und zwar IMMER." Wrad nickte zerknirscht.

"Er würde nicht fragen, wenn ihm das nicht klar wäre", nahm Mola ihn in Schutz. "Also für mich klingt das ebenfalls sehr außergewöhnlich, Junge. Ich kenne allerdings auch keine Narkani. Hat einer von Euch vielleicht schon mal einen getroffen?" fragte sie in die Runde, "oder ist noch eine an Bord von Mamori, bei der es Dir nicht so geht?" wandte sie sich an Wrad, " - aber dann hättest Du wohl auch nicht gefragt", fiel ihr selbst ein.

Keiner aus seiner Familie hatte je eine oder einen Narkani getroffen, wie sich herausstellte. Nicht nur das, sondern auch kaum jemals überhaupt von Ihnen gehört. Das wiederum beruhigte Wrad irgendwie, denn dann war seine Bildungslücke wohl nicht so ungewöhnlich.

"Also ein irgenwie typisches 'Stadium' ist es jedenfalls nicht, Wrad", fasste sein Schwager Keval noch mal zusammen, "Und auch wenn es keine Richtige sein sollte - ich würde Dir raten, Du solltest einfach mit ihr schlafen, vielleicht gibt es sich dann. Vielleicht ist es nur eine Art... extreme... Besessenheit... AUA!" Gerade hatte Keval sich einen kräftigen Fußtritt seiner Gefährtin Siga eingefangen. "Das wird wohl kaum gehen", warf Siga erbost ein, "wenn sie sich nicht mal küssen lässt!" Das musste Keval sofort einräumen, und er entschuldigte sich zerknirscht. Wrad nickte zustimmend und seufzte schwer. Er hatte eigentlich hilfreichere Antworten erwartet. Damit, dass niemand weiter wusste, hatte er nicht gerechnet.

"Du weisst schon, welche die Richtige für Dich ist, nicht wahr, Wrad?", fragte Lexa mit einem geheimnisvollen Lächeln, "Dana ist es, das ist ja wohl klar. Du sprichst sehr liebevoll von ihr." Wrad lächelte nachdenklich, besonders, da dieser "Vorschlag" von Lexa kam - sie hatte sich hinsichtlich der Beziehungen ihrer Kinder noch nie geirrt.

"Also Dana vielleicht, aber Kirah auf jeden Fall", erwiderte Rexor, "Du hast sie schon mal geliebt, Wrad, das ist ein gutes Zeichen. Sie ist nun wieder bei Dir, und alles wird sich fügen."

"Ich finde, Du solltest es mal mit der romulanischen Wissenschaftlerin probieren", schlug Tral grinsend vor, "die sind sehr heissblütig, diese Romulaner..." Er schnalzte, und alle lachten, einschließlich Wrad.

"Also nimm Dir, wen Du willst, Junge, nur such Dir bald mal wenigstens EINEN Gefährten aus. Du weisst ja, es ist ungewöhnlich, in Deinem Alter noch loso zu sein...vielleicht ist Deine extreme Reaktion ja die Folge davon...vielleicht..." Lexa verstummte mit sich verlegen windenden Fühlern. Tral grinste. "Nein, Süße, Du weisst doch.... es gibt manchmal sehr lange Durststrecken, aber davon... ändert sich die Erregbarkeit nicht SO extrem. Natürlich ein bisschen, aber dann... müsste das doch für alle attraktiven Sexualpartner gelten, und auf Mamori scheint es ja recht viele davon zu geben. Aber wenn ich Wrad richtig verstanden habe, geht ihm das nur bei Marra'scha so." Wrad nickte, erleichtert über das Verständnis.

"Das gleiche müsste doch auch gelten, wenn es eine altersbedingte Phase wäre", fiel Kalem ein, "dann müsste es ja auch alle potentiellen Sexualpartner betreffen." Alle horchten überrascht auf und nickten, auch Wrad. Daran hatte er noch gar nicht gedacht. "Aber Wrad, es muss einen biologischen Auslöser haben", schloss Kalem weiter, "denn es geht Dir doch jedes Mal so, wenn du sie siehst, egal was Du tust. Das klingt nach einer reizbedingten Reaktion. Du musst nur den Schlüsselreiz finden." Wrad starrte seinen jungen Bruder mit offenem Mund an. Er hatte Recht, warum war er nur selbst noch nicht darauf gekommen?

"Andorianer sind doch keine primitiven Molen", kommentierte Sorf zweifelnd, "normalerweise hat unser Hirn doch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden bei unseren Reaktionen..." Unwirsch schüttelte er den Kopf.

"Normalerweise schon, aber z.B. beim Kindchenschema nicht", meldete sich Nele zum ersten Mal zu Wort. Sie war ebenfalls eine Gefährtin von Lexa. "Unsere Reaktion darauf ist durchaus zuverlässig, im Großen und Ganzen. Und unser Hirn erhebt dagegen auch absolut keinen Einspruch."

Rexor winkte breit grinsend ab. "Kindchenschema, ok, aber welchen Schlüsselreiz bietet wohl eine Narkani? Katzenschema vielleicht? Hey kleiner Bruder, stehst Du auf Katzen?" Wrad lachte verlegen auf.

"Es ist jedenfalls nicht das Brutpflegeverhalten, das sie auslöst", grinste Tral ebenso breit. Jetzt wurde Wrad es allmählich zuviel. Da hatte er sich seinen Eltern anvertrauen und sie um Rat bitten wollen, und was geschah? Seine ganze Verwandschaft riss Witze über seine Sexualität.

"Genug jetzt", griff Lexa glückerweise energisch ein, "Schluss damit. Wrad, mein Schätzchen, Du siehst, wir können uns Deine Reaktion leider auch nicht ganz erklären. Aber wir haben Dich trotzdem lieb", lächelte sie in die Kamera. Wrad nickte gerührt. "Du wirst schon eine Lösung finden", ergänzte Tral liebevoll.

Sorf machte ein strenges Gesicht: "Darum möchte ich auch gebeten haben. Ich erwarte, dass Du nie wieder eine Frau so erschreckst, mein Sohn. Sonst komme ich persönlich nach Mamori und bringe Dir ein paar Manieren bei." "Ich komme mit, Pa!" rief Kalem sofort begeistert. Wrad lächelte, wissend, wie sein Vater seine "Drohung" gemeint hatte. Und er gab ihm ja auch Recht.

Mola lächelte ebenfalls. "Das ist eine entzückende Idee, Kalem, da kenne ich noch mehr, die Wrad gern mal besuchen würden. Jetzt, wo Du endlich sesshaft wirst, Junge, können wir doch mal kommen, nicht wahr?"

Wrads Augen füllten sich mit Tränen, während er heftig nickte. Während der kommenden herzlichen Verabschiedungsworte liefen sie dann tatsächlich seine Wangen herunter. Mit vielen guten Wünschen und der Aufforderung, seine Fühler oben zu halten, endete schließlich die Nachricht.


--- 14. Juni (3 Tage später), 15:00 Uhr, Mamori, Behelfskrankenstation

Suvans Bewusstsein befand sich in einem kaum zu begreifenden, und daher kaum zu beschreibenden Zustand. Es wusste, dass es da war. Aber das wusste es auch nur, weil es sich diese Frage stellen konnte. Es war da, aber es fühlte nichts. Es registrierte nichts, und es konnte nicht handeln. Es hatte auch keinen Zugriff auf irgendwelche Informationen, mit denen es hätte Überlegungen anstellen können. Es quälte sich in diesem paralysierten Zustand, unfähig einen Gedanken zu fassen. Und dann hatte sich etwas geändert. Da waren Gefühle. Da war Sorge, Angst, Zuneigung, da war Liebe und Hoffnung. Und mit den Gefühlen kam der Eindruck, dass sie dem namenlosen Bewusstsein vertraut waren.

Mit gemischten Gefühlen, wie jedes Mal betrat Kirah die Krankenstation und ging zu Suvans Bett. Immer noch lag er dort ohne Bewusstsein, doch langsam, sehr langsam kehrte die Farbe in sein Gesicht zurück.

Kirah hatte S'thani in Conejas Obhut gelassen, bevor sie sich hierher begeben hatte. Sie hatte der Kleinen versprechen müssen, sie in den nächsten Tagen einmal mitzunehmen, zu ihrem Daddy. "Hallo, Suvan", sagte Kirah leise zu ihrem Mann. Dann erzählte sie ihm alles Mögliche aus ihrem und S'thanis Alltag.

Da war es wieder. Da waren wieder diese Gefühle. Sorge, Angst, Zuneigung, Liebe und Sehnsucht. Je mehr und je öfter das betäubte Bewusstsein Talverts dadurch stimuliert wurde, desto besser kannte es diese Empfindungen, und es erinnerte sich sogar an sie. Nur verschwanden die Gefühle irgendwann wieder, und es blieb nur die Erinnerung daran. Diesmal nicht, diesmal wollte Suvan diese Empfindungen nicht verlieren. Sein bisschen intakten Verstand nutzte er dazu, sich auf diese Gefühle zu konzentrieren, er klammerte sich an sie. Was dann passierte war sehr interessant. Das merkwürdige, träge, undurchsichtige Fluidum klarte auf, die Gefühle wurden deutlicher, und auch etwas anderes geriet in die Zugriffsmöglichkeiten Suvans Bewusstseins. Seine Erinnerungen. Er wusste wieder wer er war. Dankbar wieder Informationen zu haben, klammerte sich sein Bewusstsein nur noch intensiver an die Gefühle, die Kirahs Anwesenheit ihm zugänglich machte. Die Barriere zu seinem Bewusstsein wurde zu einem Schleier, und auch der verschwand allmählich, so dass Suvan schließlich die Augen öffnen konnte. Aber das war es auch schon. Er konnte umherblicken, sich erinnern, und nachdenken. Und er konnte jetzt sagen, woher die Eindrücke kamen, die ihm das ermöglicht hatten. "Danke, du hast mich gerettet. Ich liebe dich!" stieß der Halbvulkanier erleichtert aus.

"Oh, Suvan", brachte Kirah nur heraus, bevor ihr vor Erleichterung die Tränen kamen. Es war das erste Mal, dass Suvan seit dem Unfall die Augen aufschlug. "Du hast dich selbst gerettet. Ich konnte dir nur den Weg weisen", meinte Kirah bescheiden. "Du wirst sehen, in Kürze werden wir vier durch die Gegend toben", sagte sie und betonte das Wort 'vier' deutlich.

"Das wird noch dauern... ich kann mich nicht bewegen", bedauerte Suvan und versuchte dann seine Frau fragend anzublicken. "Vier?" wiederholte er, nur langsam realisierend, was Kirah ihm damit mitteilte. "Meine Güte, wie lange war ich weg? Ist S'thani mittlerweile Teenager?" flaxte er, überwältigt davon, dass Vaughn wieder ein Baby erwartete.

"Du musst dir Zeit lassen. Du wirst sehen", versuchte Kirah Suvan Mut zu machen. "Nein, S'thani ist immer noch ein kleiner Wildfang. Aber sie bekommt bald ein Brüderchen", meinte Kirah und war gespannt auf Suvans Reaktion.

"Was bleibt mir anderes übrig...", seufzte Suvan. Die nächsten seiner Gefühle, die Kirah bei ihm wahrnehmen konnte, waren Rührung und Begeisterung. "Ein Brüderchen?" fragte Talvert seine Frau. "Das ist wundervoll... auch wenn es langsam in Arbeit ausartet, sich um unsere Kleinen zu kümmern. Selbst S'thani kann alleine schon anstrengen", erinnerte er sich, wie sie Marra'scha Kadahn den Schwanz langgezogen hatte, oder wie sie sich an einem 5 Liter-Kanister Vanille-Créme versucht hatte.

"Bis es soweit ist, wird sich S'thani zur großen Schwester entwickelt haben", meinte Kirah grinsend. "Da gebe ich dir recht. S'thani ist eben ein echtes Energiebündel", gab Kirah schmunzelnd zu.

"Das hat sie bestimmt von dir...", erwiderte Talvert und warf ein einen eindringlichen, begehrlichen Blick auf Kirah. "Jetzt bist du hier, und ich bin gelähmt. Das ist so...", ließ er unvollendet und blickte Vaughn übertrieben enttäuscht an.

"Klar, so etwas hat sie immer von mir", gab Kirah mit einem amüsierten Funkeln in den Augen wieder. "Vorfreude ist die schönste Freude. Stell dir die Sachen vor, die du machen kannst, wenn du dich wieder bewegen kannst", versuchte sie Suvan zu trösten und strich ihm mit ihrer Hand sanft über seine Wange.

Talvert schloss die Augen und genoss die abartig taube Berührung Vaughns. "Wenn ich mir das vorstelle, kriegst du es mit...", erinnerte er verstohlen und spitzbübisch. Ihm schwebte ein recht eindeutiges Bild vor, bei dem Suvan Kirahs Hintern in die Finger bekam, er ihr Becken dabei gegen seines drückte, und sein Gesicht sich ca. einen Kopf tiefer als Augenhöhe befand, und der Halbvulkanier die Erregung der Idronianerin schmecken konnte.

"Suvan", entfuhr es Kirah, und ein Hauch von Grün färbte ihre Wangen. "Oh, Suvan, dazu kommen wir, wenn du wieder auf dem Damm bist. Momentan wäre es eh nicht möglich", erklärte sie ihm.

"Was denn?" fragte er unschuldig tuend. "Warte nur bis ich dich zu packen kriege...", prophezeite der Mischling, und Kirah konnte einen Ansturm Heiterkeit empfinden. "Wenn ich dann mit dir fertig bin erwartest du Zwillinge."

"Du würdest mich eh nicht kriegen", meinte Kirah lachend. "Medizinisch gesehen wäre das möglich. Doch willst du wirklich Zwillinge?" fragte Kirah. "Werd erst einmal gesund und dann sehen wir weiter", versprach Kirah ihm.

"Hm? Ich kann mit dir ein Kind zeugen, noch während du eines austrägst?" fragte Suvan irritiert. "Wenn ich dich nicht kriege, lasse ich mich einfach von dir fangen", spekulierte er, dass das zum selben Ergebnis führen würde. War Doktor Buikater eigentlich über sein Aufwachen informiert worden? Da gab es doch eine Automatik, wozu überwachte das Bio-Bett seine Vitalfunktionen?

"Ja, es ist möglich. Bei Bekannten ist das passiert. Die Kinder sind im Abstand von mehreren Wochen gezeugt worden und gemeinsam auf die Welt gekommen", erklärte Kirah. "Ok, dann fange ich dich. Das Ergebnis wird das gleiche sein", meinte Kirah schmunzelnd.


--- 18. Juni (4 Tage später), 17:00 Uhr, Mamori, Gänge

Kirah ging gedankenverloren durch die Gänge. Wie sehr hatte sich hier alles in den letzten zwei Wochen verändert. Sie fühlte sich regelrecht erschöpft. Die Aufregungen der letzten Tage hatten ihre Spuren hinterlassen, Kirah hatte dunkle Ringe unter den Augen. Diese hatte sie schon seit sie die Reputation verlassen hatte, dass sie Kirah schon gar nicht mehr auffielen. Entgegen aller Erwartungen war Suvan ins Leben zurückgekehrt und nun auf dem Wege der Besserung. Kirah hatte ihn gerade besucht und wollte nun bei einem alten Freund vorbeischauen.

Mit klopfendem Herzen betätigte Kirah den Türsummer.

-- Mamori, Quartier Kaan

Wrad horchte überrascht auf. "Herein", rief er neugierig zur Tür gewandt und streifte sich das frische Shirt über, das nach der Dusche noch fehlte.

Noch einmal tief durchatmend trat Kirah ein. "Hallo Wrad", begrüßte sie den Andorianer. Neugierig musterte sie ihn. Wie hatte er sich in all den Jahren verändert. "Wie gehts dir denn?" fragte Kirah.

"Hey, Kirah", rief er freudestrahlend und war sofort bei ihr. Ganz sanft strich er ihr mit einer Hand über die Wange. "Gut geht's mir, und dir?" Erwartungsvoll lächelte er sie an.

"Es war ein bisschen viel in letzter Zeit, aber es wird schon wieder", meinte Kirah und lächelte seit langer Zeit zum ersten Mal wieder. Kirah mußte niesen und verzog das Gesicht. Sie hatte so gehofft, dass die schwangerschaftsbedingten Nieser diesmal ausblieben, was aber wohl nicht klappte. "Gut siehst du aus", meinte sie und genoss das Gefühl seiner Hand auf ihrer Haut. Wie sehr sehnte sie sich danach im Arm gehalten zu werden.

"Komm mal her, Süße, lass dich mal drücken", erwiderte er verständnisvoll nickend und zog sie sanft in seine Arme. "Ich weiss, es wird schon wieder", tröstete er leise. "Meine Güte, endlich, bisher sind wir ja immer nur aneinander vorbeigehechtet, das muss man sich mal vorstellen, schon wochenlang!"

Sein Körper begann sich sehr viel detaillierter an Kirah zu erinnern als sein Geist bisher. 'Bei Fesoan, ist das lange her...', schoss ihm durch den Kopf, und ganz unwillkürlich streifte seine Hand sachte über ihren Haaransatz im Nacken.

"Du weißt, wie du mich wieder aufmuntern kannst. Das wußtest du schon immer", meinte Kirah und genoß das Gefühl von Geborgenheit in Wrads Armen. "Kaum vorstellbar, aber immer kam etwas dazwischen. Aber nun haben wir Zeit", erklärte Kirah und entspannte sich sichtlich. Sie hatte bisher gar nicht registriert, wie sehr ihr Wrad gefehlt hatte. All die Jahre hatte sie teilweise nicht mal an ihn gedacht. Um so mehr genoss Kirah den Moment. Ein geniesserischer Seufzer entfuhr Kirah, als Wrad ihren Nacken streifte. "Oh, Wrad, wie sehr habe ich dich vermisst", meinte Kirah.

Mit einem entzückten Lächeln drückte er sie etwas fester an sich. Das war sie tatsächlich, 'seine' kleine Kirah. "Ich dich auch, Babe", murmelte er leise. "Ja, jetzt haben wir Zeit. Sehr viel Zeit. Weisst Du, was? Ich gedenke auf Mamori zu bleiben." Das war ein gewaltiger Unterschied zu früher. So viel Zeit hatten sie noch nie gehabt.

Mit einem zufriedenen Seufzen quittierte Kirah die festere Umarmung. "Das ist schön", murmelte Kirah und strich mit einer Hand zart Wrads Nacken entlang. Früher hatte ihm das immer sehr gut gefallen. Langsam fielen Kirah immer mehr von Wrads Vorlieben ein. Vor Überraschung auf seine Worte rückte Kirah ein Stück von ihm ab. "Du willst bleiben? Das ist ja ganz ungewöhnlich für dich. Was hat dich zu dieser Entscheidung gebracht?" fragte sie Wrad und lächelte ihn freudig an.

Er sah ihr mit leuchtenden Augen ins Gesicht, und seine Fühler waren direkt auf ihren Kopf gerichtet. Sie hatte etwas in ihm ausgelöst, was ihm schmerzlich bewusst machte, wie lange er schon etwas Bestimmtes vermisste. "Vielleicht... bin ich erwachsen geworden", grinste er leicht, und fuhr ihr dabei mit einem Finger hauchzart über ihre süße Nase. Mit seinem anderen Arm hatte er ihre Taille fest im Griff.

Ein Lachen entfuhr Kirah. "Du und erwachsen?" fragte sie ungläubig. "Es geschehen noch Wunder", meinte sie und strich ihm zärtlich übers Gesicht und streifte dabei wie zufällig hauchzart seine Fühler. Widerspruchslos ließ Kirah zu, dass Wrad sie so fest an sich drückte. Die Gedanken an Suvan waren für den Moment in den Hintergrund gerückt. Schließlich legte sie wieder ihre Arme um seinen Nacken und betrachtete sein Gesicht.

Wrad schloss für einen Moment die Augen und unterdrückte ein Stöhnen. Sie wusste ganz genau, was sie anrichtete. Er lehnte seine Stirn gegen ihre, zog sie fester an sich und sah ihr in die Augen. "Süße, weisst Du, was Du willst?" fragte er ohne weitere Umschweife. Seine Lippen waren nur wenige Zentimeter von ihren entfernt. Sie brauchte nur 'ja' zu sagen, oder ihre Lippen zu öffnen...

Kirah sah Wrad mit großen Augen an. "Ich... Ja... Nein..." Kirah brach ihr zusammenhangloses Stottern ab. Ja, was wollte sie eigentlich? Kommentarlos zog sie Wrads Kopf näher und legte ihre Lippen auf seine. Ein letztes Mal wollte sie seine Zärtlichkeiten geniessen, ganz wie früher, jedoch ohne ihre Bindung zu Suvan zu vergessen und mit Wrad zu weit zu gehen.

Er küsste sie ausgiebig, zärtlich und spielerisch. Mit einem Arm schmiegte er sie dicht an seinen Körper, und mit der freien Hand fuhr er ihr ganz langsam durch die Haare. Mit geschlossenen Augen genoss er diese Gefühle in vollen Zügen, und er machte nicht die geringsten Anstalten, damit jemals wieder aufzuhören.

Kirah war es schließlich, welche den Kuss beendete. "Oh, Wrad, genau wie früher", seufzte Kirah von den Erinnerungen überwältigt. "Wie kommt es, dass du noch keine feste Partnerin hast?" fragte sie ihn, sah ihm dabei in die Augen und strich mit einer Hand über seinen Nacken.

"Das alte Problem", murmelte er leise mit einem frechen Grinsen, während er seine Hand unter ihren Pullover schob und dort zärtlich über ihre Haut strich, "polygame Gefährten sind außerhalb Andors schwer zu finden." Den letzten Teil des Satzes hauchte er ihr ins Ohr, während er mit seiner anderen Hand ihre Haare zurückstreifte und sie auf den Hals küsste.

Kirah schloss einen Moment die Augen, so aufregend war es, Wrads Hand auf ihrer Haut zu spüren. "In der Hinsicht habe auch ich mich nicht geändert. Ich bin immer noch Monogamist. Ich habe dir ja schon gesagt, dass ich verheiratet bin", erklärte Kirah leise. Als Kirah Wrads Lippen auf ihrem Hals fühlte beschleunigte ihr Puls. Bisher hatte sie gedacht, Suvan wäre der einzige Mann mit dem sie glücklich werden könnte, doch Wrad kam dem gefährlich nahe. "Oh, Wrad, du machst es mir schwer einen klaren Gedanken zu fassen", murmelte Kirah.

"Ja, hast Du", murmelte er an ihrem Hals und verwandelte den Kuss in einen vorsichtigen Biss. Ihre Heirat störte ihn nicht im geringsten. Wenn sie ihn wollte, dann konnte sie ihn haben, ganz gleich, was sie sonst noch für Partner hatte. Seine Hand unter ihrem Pullover wanderte auf ihren Rücken, quetschte sich in ihren Hosenbund und landete auf der nackten Haut ihres Pos. Er presste ihren Unterkörper so fest an sich, dass sie nicht umhin konnte, seine Erregung zu spüren. "Du brauchst jetzt keinen klaren Gedanken", flüsterte er. '...Sondern Sex', ergänzte er nur in Gedanken. Mit einer ganzen Serie von kleinen weichen Küsschen wanderten seine Lippen ihren Hals entlang zu ihrem Mund.

Kirah unterdrückte nur mühsam ein Stöhnen, als sie Wrads Erregung deutlich spürte. "Doch ich brauche einen klaren Gedanken", murmelte Kirah. "Ich kann im Moment nicht mit dir schlafen, Wrad, so sehr ich es auch bedaure", sagte Kirah und blickte Wrad mit traurigen Augen an. "Doch Doktor Buikater hat noch kein 'Okay' dafür gegeben", erklärte sie. Die Ärztin war recht vorsichtig in dieser Hinsicht und wollte momentan kein Risiko für die Schwangerschaft eingehen. Haltsuchend lehnte sich Kirah an Wrad und legte ihren Kopf an seine Schulter.

Äußerst enttäuscht liess er sie los. Er war gerade dabei ärgerlich zu werden, als Kirah die Ärztin erwähnte. Er hob ihren Kopf am Kinn an und sah ihr besorgt in die Augen. "Doktor Buikater? Was ist los, Baby?"

Zuerst kam sich Kirah verlassen vor, als Wrad die Umarmung beendete. Eigentlich hätte sie damit gerechnet, dass er ausflippen würde, doch mit seiner Frage hatte sie nicht gerechnet. "Ich bin schwanger, Wrad. Als ich Suvans 'Tod' auf der Independence spürte; ich bin fast zusammengeklappt. Die Ärzte konnten nur mit Mühe verhindern, dass ich mein Kind verliere. Daher will Doktor Buikater auf Nummer Sicher gehen", erklärte Kirah und sah Wrad traurig an. Traurig wegen dem, was sie ihm aufgrund ihrer Schwangerschaft vorenthielt.

"Schwanger?" wiederholte er überrascht, und dann breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. "Schwanger! Soso. Na, dann herzlichen Glückwunsch!" Seine Freude war duchaus echt. Er gab ihr ein Küsschen auf die Wange und zog sie wieder in seine Arme, den Kopf an seine Schulter lehnend. Mit geschlossenen Augen strich er über ihre Haare und verdaute erstmal diese ganzen Neuigkeiten. "Ok Baby", lächelte er schließlich, als ihm die Lösung einfiel - denn natürlich wollte er auf keinen Fall das Kind gefährden. "Hat sie Dir denn alle Praktiken verboten?" erkundigte er sich mit neu aufkeimender Hoffnung. Schließlich gab es so viele Möglichkeiten...

"Danke. Nein, sie hat mir nicht alles verboten. Nur auf den direkten Verkehr sollte ich verzichten", erklärte Kirah und ein freudiges Funkeln erschien in ihren Augen. "Was hast du vor, Wrad?" fragte Kirah und sah Wrad abwartend an.

"Na rate mal", grinste der Andorianer und begann zärtlich an ihrem gezackten Ohrläppchen zu knabbern. "Aus allen Deinen klaren Gedanken schmutzige zu machen", kündigte er an.

"Hmm", entfuhr es Kirah, als Wrad an ihrem empfindsamen Ohr knabberte. "Oh, da hast du dir aber was vorgenommen. Wer weiß, ob du das überhaupt schaffst", forderte Kirah Wrad mit einem Funkeln in den Augen heraus. Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Systematisch ging er daran, ihr mit leidenschaftlichen Küssen den Verstand zu rauben.

Und Wrad hielt Wort. Ein ums andere Mal ließ er Kirah im wahrsten Sinne des Wortes abheben. Doch auch Kirah ließ sich nicht lumpen und verwöhnte Wrad.

   -- einige Zeit später

Als sich ihre Körper wieder beruhigt hatten, lag Kirah neben Wrad auf dem Bett, und ihr Kopf ruhte auf seiner Brust.

Wrad hatte die Augen geschlossen und verwuschelte zärtlich Kirahs ohnehin schon reichlich zerzauste Mähne. Er war in Gedanken. Mit Kirah war es absolut wundervoll, genau wie früher. Warum waren sie nicht zusammen geblieben? Warum war das Baby, das sie nun bekam, nicht seins? Extrem ungewohnte Gedanken, die ihn verstummen liessen.

Instinktiv spürte Kirah, dass Wrad etwas beschäftigte. Als sie den Kopf hob und ihn ansah, bestätigte sich ihre Vermutung. "Woran denkst du?" fragte sie ihn zärtlich.

Wrad zögerte einen Moment, bevor er es in Worte kleidete. "An uns. Warum sind wir eigentlich nicht zusammen geblieben?" Er konnte sich beim besten Willen nicht an einen vernünftigen Grund erinnern.

"Es waren wohl viele Gründe, die ein Zusammensein damals verhinderten. Da wären mein Vater, wir beide waren noch recht jung und du warst noch nicht bereit, dich irgendwo niederzulassen. Es war wohl einfach Schicksal", meinte Kirah und strich Wrad gedankenverloren über die Brust.

Im Geiste hakte Wrad jeden dieser Gründe ab. "Nun, davon gilt jetzt nichts mehr", erwiderte er leise, vielleicht abgesehen von ihrem Vater, falls der noch lebte - aber seine Tochter war nun wirklich erwachsen genug. "Bist Du glücklich mit Suvan?" wollte er wissen.

"Nun, mein Vater hätte sicherlich noch etwas dagegen. Es war schon schwer genug, seine Abneigung gegen Suvan zu zerstreuen", erklärte Kirah nachdenklich. "Ja, ich bin sehr glücklich mit ihm. Wir verstehen uns auf einer Ebene, die man Leuten, die noch nie eine vulkanische Bindung erfahren haben, nicht erklären kann", schwärmte Kirah. Sie setzte sich auf und sah Wrad an. "Warum fragst du?" hakte sie nach.

Nachdenklich verschränkte Wrad die Arme hinter seinem Kopf. Er war sich selbst nicht über die Gründe im Klaren. "Aus Neugier", vermutete er schließlich, "Aus Sorge? Ich will, dass es Dir gut geht, Süße. Wenn er Dir je etwas antut - lass es mich wissen." In dem Fall würde er den Halbvulkanier mit großem Vergnügen windelweich prügeln. Dann fiel ihm ein, dass Kirah dazu seine Hilfe eigentlich gar nicht benötigte - sie konnte sich fantastisch selbst erwehren. Lächelnd glitt sein Blick über ihren nackten Körper. An ihrem Bauch blieb er unwillkürlich hängen. Er war schlank und rank wie immer - und dennoch wuchs gerade neues Leben in ihm. Wrad drehte sich auf die Seite, stützte seinen Kopf auf und strich Kirah zärtlich über den Bauch. Dazu gab er ihr einen sanften Kuss auf die Schulter.

"Es geht mir gut, Wrad. Ich komme schon mit ihm klar. Du weißt doch, dass ich in solcher Hinsicht keine Hilfe benötige. Aber sollte ich es doch, werde ich mich an dich wenden. Versprochen", erklärte Kirah. Kirahs Blick folgte Wrads Hand. "Ja, noch sieht man nichts. Doch bald bin ich wieder rund wie eine Kugel", erklärte Kirah seufzend. Nachdem Wrad ihr einen Kuss auf die Schulter gehaucht hatte, drehte Kirah sich so geschickt, dass seine Lippen beim nächsten Kuss auf ihren Lippen landeten.

"Darauf freue ich mich schon", meinte er, nachdem Kirah und er etliche Küsse getauscht hatten. Eigentlich bezog sich das auf den Anblick einer hochschwangeren Kirah - aber im Grunde passte es genauso gut auf das Kind. Aber bevor er weiter über seine Sehnsucht nach Familie, festen Gefährten und Kindern nachgrübelte, lenkte er sich lieber mit erotischen Spielchen mit Kirah ab.

"Ich mich nicht so, aber das wird sich wohl nicht vermeiden lassen", meinte Kirah seufzend. "Wieso freust du dich darauf?" fragte sie ihn mit einem gespielt misstrauischen Blick. "Du bist unersättlich, Wrad", lachte Kirah und versank in Wrads Liebkosungen.


--- 21. Juni (3 Tage später), 12:00 Uhr, Mamori Casino

Mit einem zufriedenen Ausdruck auf dem Gesicht betrat Shay Jahari das mittlerweile fertig gestellte Casino der Station. Sie war die letzten Stunden quer durch die Station gegangen, durch sämtliche Jeffriesröhren gekrochen und war begeistert von den technischen Einrichtungen. Beim Replikator angekommen orderte sie ein komplettes Menü: vulkanische Plomeek-Suppe, irdischen Hamburger mit Pommes und Salat, ein Stück Apfelkuchen mit Sahne und eine große Apfelschorle. So beladen ließ sich Shay an einem der Tische nieder und fing an zu essen.

Als Wrad während seiner Mittagspause das Casino betrat, fiel ihm die unbekannte exotische Frau sofort auf. Sie hatte zwar eine beinahe andorianische Hautfarbe, war aber eindeutig keine Andorianerin. Fasziniert starrte er einen Augenblick ihre Gesichtstatoos und ihre Augenimplantat an, bevor er sich am Replikator sein Mittagsmahl orderte: Thunfisch-Pizza und Mineralwasser. Er setzte sich an einen freien Tisch und begann zu essen. Ab und an beobachtete er die Fremde, aber wenn sie zu ihm sah, widmete sich seiner Mahlzeit.

Shay merkte, wie sie beobachtet wurde. Gerade als sie sich umsah, ging der Andorianer, welcher sie beobachtet hatte, zu den Replikatoren. 'Gar nicht übel, der Bursche', dachte sie sich schmunzelnd und beobachtete ihn weiter. Immer wieder fühlte sie seinen Blick auf sich ruhen, auch als er an seinem Tisch saß, und schließlich wurde es Shay zu bunt. Sie nahm ihr Tablett mit dem restlichen Essen drauf und ging zu dem Andorianer. "Ihre Blicke haben mich förmlich angezogen. Was dagegen, wenn ich mich zu ihnen setze? Das erspart die weiten Blicke", meinte Shay grinsend.

Wrad schmunzelte. Er war sich ziemlich sicher, dass sie an neugierige Blicke gewöhnt war, bei ihrer außergewöhnlichen Erscheinung, aber leider fiel ihm keine schlagfertige Antwort darauf ein. "Bitte sehr", machte er daher schlicht eine einladende Geste. "Ich bin Wrad Kaan", hielt er ihr die Hand hin, "und Sie sind?"

"Danke", meinte Shay schlicht und setzte sich. "Shay Jahari. Ich bin erst vor kurzem hier her versetzt worden. Als Chefingenieur", erklärte sie. "Und Sie? Was ist Ihr Job hier?" wollte sie von Wrad wissen. Nun konnte Shay sich den Andorianer ganz ungeniert aus der Nähe ansehen. Sie konnte nicht leugnen, dass er eine gewisse Anziehung auf sie ausübte.

"Ah, das ist gut. Einen neuen Chefingeniuer können wir sehr gut gebrauchen", lächelte er. Ganz zu schweigen davon, dass diese einen erheblich netteren Eindruck auf ihn machte als ihre Vorgängerin. Aber noch hatte er sie ja nicht in Aktion erlebt. "Ich bin OPS-Offizier." Sein Rang war schließlich an seiner Uniform ersichtlich.

"Das habe ich gemerkt. Es war ganz schon was zu tun. Aber mittlerweile ist wenigstens zu erkennen, was man schon geschafft hat", erklärte Shay und schob sich ein Stück Apfelkuchen in den Mund. Etwas von der Sahne blieb an ihrem Mundwinkel hängen, und Shay entfernte ihn elegant mit ihrer Zunge. Ihr entging dabei nicht Kaans Blick. "OPS? Nein, das war nie meine Welt. Zu viel Hektik", erklärte Shay.

"Muss man als Chefingenieur nicht 'hektikfest' sein?" schmunzelte Wrad. Er konnte nicht leugnen, dass sie attraktiv war, und fragte sich, welcher Rasse sie wohl angehörte - jedenfalls keiner, die ihm bekannt war. "Darf ich fragen, wo Sie herkommen?" rang er sich schließlich zu einer Frage durch, bewusst offen lassend, ob sich diese Frage nun auf ihre Heimat oder ihre Karriere bezog. Mit einem neugierigen Lächeln nahm er einen Schluck Mineralwasser und spielte anschließend ein wenig mit dem Glas herum. Seine Pizza hatte er bereits vertilgt.

"Doch, schon. Aber Maschinen sind geduldiger als Lebewesen. Sie müssen sich auf der OPS mit allen möglichen ungeduldigen Leuten rumärgern, während meine Maschinen nie meckern. Höchstens gehen sie mal in Rauch auf", sagte Shay lachend. Bei seiner betont offenen Frage sah Shay Wrad amüsiert an. "Mein letztes Einsatzgebiet war die Sitting Bull, welche Ihren Konvoi begleitet. Aber eigentlich stamme ich von Halii", erklärte Shay. Nachdem Shay ihren Apfelkuchen samt Sahne vertilgt hatte, fischte sie sich eines der kleineren Eisstückchen aus ihrem Glas und lutschte genüsslich dran.

"Interessant", kommentierte Wrad ihre Herkunft lakonisch. Er hatte noch nie von Halii gehört, aber er würde sich informieren. Sie begann ihn nervös zu machen, und das war gar nicht förderlich für sein Ausdrucksvermögen. Ein leicht schiefes Lächeln brachte er immerhin noch zustande. "Maschinen meckern schon, nur nicht... mit Worten."

"Nein, nicht mit Worten. Aber sie können sehr ausdrucksstark sein. Die 'stummen' Maschinen sind für mich eine gute Abwechslung zu den ewig meckernden Leuten", erklärte Shay. Dann sah sie Wrad das erste Mal in die Augen. "Haben Sie etwas? Sie wirken ein wenig... aufgeregt", drückte sich Shay diplomatisch aus.

Über Wrads Gesicht huschte ein kurzes ernüchtertes Grinsen. Was spielte sie denn für Spielchen? Er blickte ihr seinerseits tief in die Augen. "Alles in Ordnung", erwiderte er. "Leute können aber auch sehr nett sein. Oder witzig. Oder überraschend."

Amüsiert und fasziniert beobachtete Shay Wrads Mimik. Shay fühlte ein merkwürdiges Kribbeln in ihrer Magengegend, als Wrad sie ansah. Sie selbst unterbrach den Blickkontakt nicht. "Dann ist es ja gut", meinte Shay beruhigt. "Überraschend sind die meisten Lebewesen. Beziehen Sie das auf sich? Witzig, nett?" fragte Shay, und ihre Stimme nahm einen weicheren Klang an.

"Auf mich?" lachte Wrad überrascht auf. "Nein, ich meinte ganz allgemein 'Leute', im Gegensatz zu Maschinen. Ich persönlich bin selten witzig. Und ich kann sehr nett sein. Und sehr böse. Andorianer sind eine sehr emotionale Spezies. Und Sie?"

Shay legte ihren Kopf leicht schief, als sie Wrad betrachtete. "Ja, Sie können in der Tat sehr nett sein. Das kann ich nur bestätigen", meinte sie lächelnd. "Nun, ich würde mich eher als ruhigen Vertreter beschreiben, doch habe ich auch meine sehr emotionalen Seiten", erklärte sie.

"Sie können auch sehr nett sein", gab er das Kompliment zurück. "Und ich nehme mal an, dass es von Vorteil für einen Chefingenieur ist, ein 'ruhiger Typ' zu sein." Dass ihn ihre emotionalen Seiten näher interessieren würden, wann und wie sie zum Tragen kamen, behielt er fein säuberlich für sich.

"Danke, dass ist sehr nett von Ihnen", meinte Shay freundlich. "Ich bin meistens ein ruhiger Typ. Doch sagen wir mal, ich kann auch sehr... widerborstig sein, wenn etwas nicht so läuft, wie ich mir das denke und wünsche", klärte Shay Wrad auf. "Und Sie? Sind sie immer ein emotionaler Typ oder nur in... bestimmten Situationen?" fragte Shay mit einem liebenswürdigen Lächeln.

"Immer", antwortete Wrad einsilbig. Er ließ seinen Blick über ihr Kleid wandern und dann wieder zurück in ihr Gesicht. "Darf ich fragen, wie Sie zu Ihrem Augenimplantat gekommen sind?" erkundigte er sich neugierig.

"Aha", meinte Shay nur und ein kleines Funkeln trat in ihre Augen. "Mir ist ein Fehler unterlaufen, bei einem der Schiffe meiner Heimat. Ich wollte die Arbeit eines Technikers überprüfen und habe nicht richtig auf die Daten geachtet. Jedenfalls ist das betreffende Relais explodiert und hat mein Auge beschädigt. Das war voll und ganz mein Fehler. Ich war nicht ganz bei der Sache", erklärte Shay so unbedarft wie möglich, doch es war jedem Laien klar, wie nah ihr die Sache auch heute noch ging.

"Das tut mir leid", bedauerte er, das Thema aufgebracht zu haben. Er hätte sich selbst dafür ohrfeigen können.

"Es braucht Ihnen nicht leid zu tun. Es war mein Fehler und ich muss nun damit leben. In manchen Situationen ist das Implantat schon recht praktisch", erklärte Shay. Wrads Antwort signalisierte eine Sensibilität, wie Shay sie selten bei Männern fand und daher umso anziehender fand.

"Gut", hellte sich seine Miene wieder etwas auf. Händeringend suchte er nach einem weiteren Gesprächsthema, aber sein Kopf schien plötzlich völlig leer zu sein. Da war nichts zu machen. Also nahm er noch einen Schluck Mineralwasser und lächelte sie an.

Shay beschloss sich etwas aus dem Fenster zu lehnen und fragte: "Was sagen denn Ihre Gefährtinnen dazu, auf so einer relativ öden Raumstation zu sein? Oder sind Sie gar noch zu haben?" Im Anschluss an ihre Frage schien sich Shay blaue Gesichtsfarbe noch mehr zu steigern. "Verzeihen Sie, das geht mich nichts an. Vergessen Sie es einfach", murmelte sie verlegen und trank schnell einen Schluck.

Mit einem amüsierten Grinsen schüttelte Wrad den Kopf: "Schon gut. Ich finde Mamori gar nicht öde. Und ich habe noch keine festen Gefährten. Und Sie?" Ihm fiel auf, dass sie 'Gefährtinnen' im Plural verwendet hatte. Sie schien über die Polygamie der Andorianer Bescheid zu wissen. Aber vielleicht nicht über ihre Bisexualität.

"Ich finde Mamori auch nicht öde, aber vielen Leuten geht es auf einer Station so. Ihnen fehlt die Aufregung eines Schiffes", meinte Shay. Shay konnte ihre Erleichterung darüber, dass Wrad noch keine festen Gefährten hatte, nur schwer verbergen. "Nein, ich habe auch keinen festen Gefährten. Bis jetzt ist mir noch keiner begegnet, der weitere Überlegungen Wert gewesen wäre", erklärte Shay und ließ ihren Blick über Wrad gleiten, bevor sie ihm wieder in die Augen sah.

"Verstehe", nickte Wrad. Bei ihm lagen die Verhältnisse etwas anders. Passende 'Kandidaten' gab es genügend, aber... "Man muss sich ja auch über die Art der Partnerschaft einig sein", gab er zu bedenken. Und davon hatten Andorianer andere Vorstellungen als viele andere Rassen. Und auch Shay hat nur von EINEM festen Gefährten gesprochen. Schade. Zu Beginn ihres Gesprächs hatte er den Eindruck gehabt, sie wäre vielleicht promiskuitiv.

"Das stimmt. Und daran scheitert es meistens schon. Die meisten Männer sind so von sich überzeugt, dass sie meinen, sie allein müssten für eine Frau reichen, doch ich habe für mich festgestellt, dass ich Abwechslung benötige. In Zahl und Ausübung meiner Gefährten", erklärte Shay offen. "Wenn meine Eltern das mitkriegen, bräuchten sie wohl erst einmal Zeit das zu verdauen, obwohl mein Großvater väterlicherseits glaube ich vier Frauen hatte", meinte sie.

Zuerst hatte er zustimmend genickt, aber dann verschluckte er sich heftig an seinem Mineralwasser. Rasch setzte Wrad das Glas ab und hustete erstmal tüchtig. "Klingt ja fast andorianisch", brachte er schließlich hustend hervor, "nur dass wir unsere Polygamie offen zugeben. Und ausleben". Er grinste fasziniert und warf ihr einen bewundernden Blick zu.

"Ja, das tut es tatsächlich. Vielleicht mag es daran liegen, dass wir einst ein andorianisches Schiff in unserer Werft zur Reparatur hatten", meinte Shay lächelnd. "Nun, da ich keine Andorianerin bin, schütteln die meisten bei meinen Gewohnheiten nur den Kopf. Bei Andorianern wäre das wohl normal, nur leider bin ich keine. Das macht die Sache mit dem Ausleben umso schwerer", erklärte Shay seufzend. Ihr fiel sein bewundernder Blick auf, und Shay war noch nicht bereit alle Hoffnungen ihn betreffend aufzugeben.

"Na ja... nur das 'öffentlich' ausleben", betonte Wrad mit einem frechen Zwinkern, "aber ich halte jede Wette: Eigentlich sind viel mehr Leute polygam - sie geben es nur nicht zu. Sie halten Monogamie für ein Ideal, nein, schlimmer noch, sie halten Monogamie für natürlich, und dabei ist es nur ihr Ideal. Und wenn jemand einfach so polygam lebt, tun sie empört, und in Wirklichkeit platzen sie fast vor Neid."

"Ich weiß es nicht. Bei vielen Spezies fällt mir die Einschätzung schwer", erklärte Shay. Sie vermied es Wrad darauf hinzuweisen, dass sie als Telepathin dazu durchaus in der Lage war. Doch sie bevorzugte es, ihre Fähigkeiten nur in wirklichen Notsituationen einzusetzen. "Wie das Wort 'Mono' schon sagt, ist Monogamie monoton. Ich für meinen Teil fände es totsterbenslangweilig monogam zu sein, für den Rest meines Lebens. Daher ist es auch für unsereins so schwer, passende Partner zu finden", meinte sie. "Da wir schon bei so einem Thema sind, wie wäre es, wenn du mich Shay nennst und wir das lästige 'Sie' weglassen?" fragte sie Wrad.

"Einverstanden. Nenn' mich Wrad", lächelte er. "Und da wir schon bei so einem Thema sind, bezieht sich deine Polygamie auf die Sexualität oder auf alles?" wagte er zu fragen.

"In Ordnung, Wrad. Auf die Sexualität im speziellen", erklärte Shay offen. "Was genau meinst du mit alles?" fragte sie ihn leicht verwirrt.

Verlegen grinsend nahm er noch einen Schluck Mineralwasser und überlegte, wie er das erklären sollte. "Du hast vorhin von EINEM festen Gefährten gesprochen", begann er schließlich, "also was schwebt Dir vor? Ein Mann, mit dem Du zusammenlebst, und andere, wechselnde Partner für gelegentliche erotische Abenteuer?" Ein wenig erschrak er über seinen eigenen Mut. So schnell hatte er noch nie so offen über dieses Thema gesprochen. Außerdem näherte sich seine Mittagspause rasend schnell ihrem Ende. Aber er fand das Gespräch viel zu spannend, um es hier einfach abzubrechen. Wer wusste, ob sie jemals noch mal darüber sprechen würden.

"Nun, ich wäre schon über einen Gefährten froh, daher habe ich mich eben wohl etwas misslich ausgedrückt. Mir schwebt etwas in der Art vor, dass weder ich noch mein Gefährte fest aneinander gebunden sind, sondern die Freiheit haben noch andere Partner zu haben. Was ich für mich in Anspruch nehme, kann ich ja schlecht dem Mann versagen, oder?" fragte sie Wrad und war gespannt auf seine Reaktion.

Er nickte mit leuchtenden Augen. "Bist Du sicher, dass kein andorianisches Blut in Dir fließt?" fragte er begeistert. Immerhin war es ganz sicher blaues Blut. "Hast Du schon mal mit anderen Andorianern darüber gesprochen? Über die andorianische Ehe?" Bisher klang es nämlich, als ob es einen kleinen, aber feinen Unterschied gäbe zwischen einer andorianischen Ehe und dem, was Shay schilderte: Andorianische Gefährten gingen durchaus eine lebenslange Bindung ein - nur waren sie sich nicht treu.

"Ja, ich bin mir sicher, dass ich keine andorianisches Blut in mir habe", entgegnete Shay lachend. "Nein, du bist der erste, mit dem ich darüber spreche. Ich bin bisher nicht so vielen Andorianern begegnet und... sagen wir mal so, du bist der erste, bei dem ich mich traute darüber zu sprechen. Kannst du mein Unwissen eventuell tilgen?" fragte Shay mit einem wissbegierigen Ausdruck im Gesicht. Unwillkürlich beugte sie sich ein Stück näher zu Wrad.

Er holte tief Luft. "Andorianer heiraten, wenn, dann aus Liebe", erklärte er bewegt, "und zwar ist es durchaus für immer gedacht. Zu mehreren, die Anzahl ist nicht vorgeschrieben, oft sind es vier. Man kann auch später noch jemanden dazuheiraten. Wir leben zusammen, wir teilen alles miteinander, wir sind füreinander da. Wir ziehen gemeinsam alle Kinder groß. Wir werden alt miteinander. Und wir schlafen auch miteinander", lächelte er, "aber eben auch mal mit anderen - das spielt keine Rolle, darauf kommt es nicht an. Nur auf den ganzen Rest, darauf kommt es an." Unbeabsichtigt offenbarte seine Stimme seine ganze Sehnsucht, nach Familie, nach Liebe, nach Zugehörigkeit. Anschließend trank er wehmütig einen Schluck Wasser, und wünschte inständig, es wäre Alkohol. Im Moment hätte er wirklich gut etwas vertragen. Echten andorianischen Schnaps, oder wenigstens Ale. Verlegen betrachtete Wrad die Tischplatte. Er war zu weit gegangen, ganz sicher.

"Liebe ist der einzige Grund, aus dem ich heiraten würde. Nur bin ich bisher noch nicht an diesen Punkt gelangt", meinte Shay. "Das hört sich nach der perfekten Gemeinschaft an", sagte Shay mit einem sehnsüchtigen Seufzen. Genau so etwas suchte sie. "Allmählich denke ich, ich hätte als Andorianer geboren werden sollen. Eure Art der Ehe hört sich so... perfekt an. Deine Worte darüber scheinen meine Träume wiederzuspiegeln", meinte sie und ein zartes Lächeln zeigte sich auf ihrem Gesicht.

Wrad schluckte, hob seinen Blick und sah ihr prüfend in die Augen. Er wollte ihr gerne glauben - aber konnte er das wirklich? Wenn sie ihm nur etwas vormachte, hätte sie von ihm Einiges zu befürchten. Aber ganz sicher keine Gnade. Bei Fesoan, was für ein tiefschürfendes Gespräch für eine Mittagspause und ein erstes Kennenlern-Gespräch unter Kollegen. Was für eine Katastrophe. Seine Laune war völlig im Eimer. "Unsere Ehe ist genauso wenig perfekt wie jede andere", seufzte er, und dann riss er sich zusammen. Es war definitiv wieder Zeit für die Arbeit. "Shay... ich muss zurück auf meinen Posten, meine Mittagspause ist längst um." Mit einem entschuldigenden Blick griff er nach seinem Tablett und erhob sich. "Aber... wir sehen uns", huschte doch wieder ein Lächeln über sein Gesicht. Sie blieb auf Mamori, er blieb auf Mamori - sie hatten jede Menge Zeit. Sie würden sehen.

"Für mich hört sie sich aber perfekt an", entgegnete Shay. "Ja, wir sehen uns. Ich muss die nächsten Tage eh mal zu euch wichtigen Tieren hoch. Einige Stationen durchsehen. Dann sehen wir uns bestimmt. Bis dann, Wrad", meinte Shay. "Hast du eventuell Lust in den nächsten Tagen abends mit mir zu essen?" fragte sie ihn noch, bevor er sich umdrehte.

"Gern", schmunzelte er nun doch wieder, zwinkerte ihr zu und ging. Zuerst gab er sein Geschirr dem Replikator zurück, dann verließ er mit eiligen Schritten das Casino.

"Wunderbar", murmelte Shay und sah Wrad nachdenklich nach. Dann brachte auch sie ihr Geschirr weg und machte sich wieder auf den Weg zum Maschinenraum.


--- 21. Juni (gleicher Tag), 12.00 Uhr, Mamori, Krankenstation

Suvan atmete tief durch und biss die Zähne zusammen. Schwerfällig gelang es ihm den Fuß vorzusetzen. Seinen Knöchel konnte er schon in diesem linken Fuß wunderbar bewegen, es bereitete ihm nur Schwierigkeiten das Knie zu heben. Zum Glück konnte er schon seine Arme wieder soweit bewegen, dass sie 'nur' noch etwas steif waren. Ohne medikamentöse und physikalische Therapien wie intrazellulare Kalium- Injektionen zur Unterstützung seines Zentral- Nervensystems hätte es weit länger gedauert, bis der Halbvulkanier wieder hätte laufen können. So jedoch konnte er sich schon, auf einem Geländer rechts und links abstützend, daran machen, wieder zu lernen sich zu bewegen. Mit dem nächsten langsamen Schritt knickte er ein, und konnte sich nur mit Mühe wieder aufrappeln. Trotzig gegenüber diesem Rückschlag murmelte Talvert: "Okay... dann eben noch 15 anstatt 10 Bahnen!"

Genau in diesem Moment betrat Kirah die Krankenstation. Besorgt und erfreut zugleich beobachtete sie Suvans Gehversuche. "Übertreib es nicht, Suvan", meinte Kirah und mußte im Anschluß an ihre Worte heftig niesen.

"Gesundheit", wünschte der Halbvulkanier seiner Frau und blickte verstohlen auf ihren Bauch. "An meiner Stelle würdest du es auch darauf anlegen, wieder fit zu werden. Uns liegt das Rumgammeln einfach nicht", erklärte er Kirah. Ein paar weitere Blicke, suchende diesmal, glitten um Vaughns Beine. "Bist du etwa alleine gekommen?" fragte Talvert ungläubig.

"Ach, du weißt doch. Im Moment ist meine Gesundheit wieder abwesend. Acht Monate Nieserei. Das wird was werden", seufzte Kirah. "Da hast du recht. Was schielst du so auf meinen Bauch? Da ist noch nichts zu sehen", erklärte Kirah, nachdem ihr Suvans Blick aufgefallen war. "Nein, ich bin nicht alleine gekommen. Doch ich wollte mich erst selbst davon überzeugen, wie du drauf bist", meinte Kirah und ging dann wieder auf den Gang. Sie wechselte ein paar Worte mit einem Petty Officer, der freundlicherweise kurz auf S'thani aufgepasst hatte. Kaum hatte S'thani einen Blick durch die KS-Türe geworfen und ihren Daddy erblickt, da stürmte das kleine Mädchen auch schon los. "Daddy!" schrie S'tahni und umklammmerte die Beine ihres Vaters.

Dadurch schaffte sie es Suvan von den Haltestangen zu reißen, sodass dieser sich unfreiwillig auf den Hintern setzte. Stürmisch krabbelte seine Tochter auf seine Brust, und schmatzte Talvert auf die Wangen. "Daddy, Daddy, Daddy, Daddy!" zwitscherte das Mädchen.

Suvan schlang seine Arme um die Dreijährige und drückte sie innig. Er küsste sie auf die Haare und ebenfalls auf die Wangen. "Ich habe dich so vermisst, meine Süße...", flüsterte er ihr zu und streichelte ihr hingebungsvoll den Rücken. "Ich habe dich so lieb, mein Schatz." Nach einer Weile blickte er fragend zu Kirah, ob sie ihm aufhalf.

"Tu hast mir auch tefehlt", erklärte S'thani ernsthaft. Sie kuschelte sich an die Brust von ihrem Daddy und murmelte: "Isch hab disch auch lieb, Daddy."

Kirah beobachtete das Treiben von Vater und Tochter gerührt und hielt sich still im Hintergrund. Als ihr Suvans Blick auffiel ging sie zu ihm. "Alles in Ordnung? Sag Bescheid, wenn sie dir zu wild wird", meinte Kirah und genoss es, Suvan im Arm zu halten, und sei es nur um ihn zu stützen.

Dankbar schmiegte Suvan sich an Kirah, als sie ihm auf einen Sitz half. Sofort nahm er S'thani auf den Schoß und drückte sie nochmals. "Wie fühlst du dich?" fragte er Vaughn vorsichtig. Er hatte ihr erst vor ein paar Tagen gebeichtet, dass er sie mit der ehemaligen Ingenieurin der Station betrogen hatte. Er hatte betont, dass er nicht gewusst hatte, dass die Idronianerin nahe war, und dass er es hatte hinter sich bringen wollen, bevor er sich und anderen noch geschadet hätte.

S'thani schmiegte sich an ihren Vater und genoss das Gefühl der Geborgenheit. "Es geht. Bis auf die morgendliche Übelkeit und die ständige Nieserei geht es mir gut", erklärte Kirah. Sie ahnte, welche Intention hinter Suvans Frage steckte, doch sie ignorierte sie geflissentlich. Zu froh war Kirah, Suvan wiederzuhaben.

"Ich weiß, dass du mich lieb hast. Danke, dass du es mir nochmal gesagt hast", meinte Talvert sanft zu seiner Tochter. "Hast du schon mit Doktor de wit Buikater über meine weitere Behandlung und ihre Prognose gesprochen? Ich möchte dir gerne zeigen, dass ich dir vertraue, dass ich dich so liebe wie bei unserem ersten Kuss, am Strand von San Francisco...", ließ Suvan nicht locker.

"Nein, habe ich noch nicht. Ich hatte eigentlich gehofft, Doktor Buikater heute hier anzutreffen, doch sie scheint nicht da zu sein. Ich werd in den nächsten Tagen mit ihr darüber sprechen", versprach sie ihrem Mann. "Ich weiß es, und ich vertraue dir auch, egal was passiert ist. Doch selbst wenn du so weit fit wärst, als das wir etwas ähnliches machen könnten, Doktor Buikater hat den sexuellen Umgang stark eingeschränkt, zum Schutz des Babys. Ich werde in den nächsten Tagen noch einmal zu ihr gehen, und vielleicht hat sich die Situation bis dahin wieder beruhigt", meinte Kirah.

"Öhm, das meinte ich jetzt zwar nicht, aber es ist trotzdem gut zu wissen", kicherte Suvan.

"Was meinstest du denn, Suvan?" fragte Kirah verwirrt nach.

"Keine Ahnung... dass wir zu dritt was unternehmen... was du meintest ist so ziemlich alltäglich, also möchte ich mir etwas Besseres für meine Entgleisung einfallen lassen", antwortete Suvan und küsste S'thani nochmal.

Kirah schwieg erst einmal. Sie dachte über Suvans Worte nach. "Dann wirst du wohl deine grauen Zellen anstrengen müssen, damit dir etwas Passendes einfällt", meinte Kirah. "Aber es ist wirklich nicht nötig. Schließlich war es ein Notfall", versuchte Kirah Suvans Schuldgefühle zu zerstreuen.

"Danke, dass du das sagst", meinte der Vulkanterraner erleichtert. "Aber ich möchte trotzdem etwas mit euch unternehmen." Er blickte zu S'thani und fragte: "Was hältst du denn davon? Was hast du die letzte Woche denn mit Mommi erlebt?"

"Gut, dann will ich dich nicht weiter davon abhalten", meinte Kirah. Nachdenklich sah S´thani ihren Vater an. "Wir haben uns die Station angesehen, leider nur von innen. Mommi tarf ja nischt mehr fliegen. Und das neue Holodeck. Da waren wir auch", erzählte S´thani ihrem Vater. Kirah zuckte kurz zusammen, als S´thani das immer noch geltende Fugverbot von Captain Khaar erwähnte.

Suvan blickte seine Frau irritiert an. "Unter Colonel Benester durftest du noch fliegen, dich sogar mit Hirogen anlegen. Worauf gründet sich das Verbot?" fragte der Mischling. S'thani wurde unruhig auf seinem Schoß. Instinktiv wollte Talvert das Knie wippen lassen, aber es reagierte nicht. "Was habt ihr euch denn in der Holo-Suite angeguckt? Wie gefällt dir die Station, S'thani?" fragte der Halbterraner seine Tochter.

Nun war es also soweit. Kirah hatte gewußt, dass sie Suvan irgendwann von dem fast passierten Verlust des Babys würde erzählen müssen. "Als du durch den Kontakt des Gases das Bewußtsein verloren hast, hat es sich so angefühlt, als wärst du tot. Dementsprechend fiel meine Reaktion aus. Als Folge dessen hätte ich unser Kind fast verloren. Daraus folgt, dass ich weder fliegen noch Sport momentan treiben darf", erzählte Kirah.

S´thani bekam von der gedrückten Stimmung nichts mit. "Wir waren schwimmen. Mit einer troßen Wasserrutsche", erzählte die Kleine.

"Das hört sich an, als ob es dir gefallen hat", schloss Talvert. "Sollen wir da nochmal hingehen, wenn ich wieder gesund bin?" Zu der großen Vaughn blickend meinte er: "Okay, das war vor 10 Tagen. Wenn du Doktor Buikater triffst, sprich sie doch einfach darauf an. Wenn es keine medizinischen Gründe mehr gibt, dich vom Fliegen fern zu halten, steht ihre Entscheidung über der des Captain." Er ging nicht darauf ein, dass seine Frau beinahe ihr Baby verloren hatte, da er das noch nicht völlig realisiert hatte.

"Ja, es war sehr schön", krähte S´thani. "Oh, ja. Mit Daddy planschen", freute sich das Mädchen. Kirah beobachtete die Szene zwischen Vater und Tochter gerührt. "Ja, ich werde in der Sache Doktor Buikater noch mal konsultieren. Vielleicht habe ich ja Glück und darf wieder fliegen", meinte Kirah, und eine gewisse Sehnsucht klang aus ihrer Stimme mit. Ihr fiel eine gewisse Müdigkeit an Suvan auf. "Ruh dich etwas aus. Wir können dann später wieder kommen. Komm, S´thani", meinte Kirah, gab ihrem Mann noch einen Kuss und verliess dann mit ihrer Tochter die KS.

Suvan erwiderte den Kuss nur allzu stürmisch, sodass er sich richtig schämte nicht daran gedacht zu haben, dass S'thani noch im Raum war. Er drückte das Mädchen zum Abschied und war schließlich alleine. Langsam schleppte er sich zu seinem Bio-Bett und als er es erreicht hatte, hatte ihn der Weg so erschöpft, dass er tatsächlich einschlief.


--- 21. Juni 2380 (gleicher Tag), USS Cairo / Vestes 2

Vasques hatte sich recht schnell in ihrem neuen Aufgabengebiet eingearbeit. Und ihr Vorgesetzter betraute sie bereits nach kurzer Zeit mit eigenen Aufgaben, so auch an diesem Tag. Gemeinsam mit ihm führte sie ein Außenteam auf Vestes 2, um vermisste Wissenschaftler ausfindig zu machen. Gerüchten zufolge waren sie von Aufständischen gekidnappt worden. Kurze Zeit nach ihrem Eintreffen geriet das Aussenteam in einen Hinterhalt, als sie das Lager der Aufständischen ausfindig gemacht hatten. Malmquist und Dana schafften es jedoch, die Wissenschaftler zu befreien. Kurz bevor das Team wieder aufs Schiff gebeamt wurde, wurde der Lt. verletzt, sodass Dana die Leitung übernahm, und alle wieder zurück aufs Schiff brachte.


--- 28. Juni (1 Woche später), USS Cairo, Krankenstation

Dana hatte Malmquist, wie die vergangenen Tage auch, auf der Krankenstation besucht. Hierbei wurde ihr eröffnet, das Lt. Malmquist bis auf weiteres keinen Dienst mehr tun könne, und zur weiteren Behandlung in eine Spezialabteilung verlegt werden müsse. Sehr überrascht war sie, als Captain McKinney ihr eröffnete, das Malmquist sie als seine Nachfolgerin empfohlen hatte, und das man diesem Vorschlag Folge leisten würde. Eine Nachricht an die Starbase Mamori hätte man bereits über Subraum versandt. Was blieb Dana da noch zu sagen? "Aye, Sir... ich werde mich Ihres Vertrauens würdig erweisen." Dann verliess sie eiligst die Krankenstation und ging in ihr Quartier.

   -- USS Cairo, Quartier Vasquez

Sie setzte sich an den kleinen Computer und schrieb eine Nachricht.

*** von Dana Vasquez, USS Cairo an Wrad Kaan, SB Mamori

Hallo Wrad, ich möchte nicht, dass du es über die offiziellen Starbase Mitteilungen erfährst. Ich werde hier an Bord der USS Cairo die Sicherheitsabteilung übernehmen. Lt. Malmquist wurde bei einem Ausseneinsatz verletzt und wird diesen Posten nicht mehr ausüben können. Aus diesem Grund hat er mich als seine Nachfolgerin bestimmt. Ich wünsche Dir alles erdenklich Gute, pass auf dich auf, und wenn du Lust hast, dann melde dich ganz einfach. Ich würde mich freuen.

Viele Grüße Dana Vasquez ***

Sie las es noch einmal durch und schickte es ab.

Dann verließ sie ihr Quartier wieder, um an ihren neuen Arbeitsplatz zu gehen.


--- 29. Juni (nächster Tag), 09:00 Uhr, Wohnung von Berenike Fischer

Berenike Fischer war umgeben von einem fröhlichen Chaos. Offene Koffer lagen umgeben von bunten Kleidungsstücken und einer Vielfalt an Gegenständen, die für eine lange Reise unentbehrlich schienen. Dazwischen wuselten ihre beiden jüngeren Kinder umher, die 4 jährige Ilhra und der 18 Monate alte Delon. Ilhra probierte gerade vergnügt ein Kleid ihrer Mutter an, das ihr endlos zu groß war.

Der Vater der beiden Kinder, Berenikes Lebensgefährte, stand etwas ratlos vor seiner Reisetasche und hielt ein Hemd in die Höhe. "Schatz, was meinst du, trägt man so was auf Terra?"

Berenike lachte: "Atefv, du siehst sowieso nicht aus wie ein Terraner, trag das, worin du dich wohl fühlst."

Er seufzte in gespielter Verzweiflung und packte das Hemd ein: "Ich weiß, das Terra Touristen gewohnt ist. Die Kinder und du, ihr reist offiziell, du bist terranische Bürgerin. Ich dagegen habe den Status eines Touristen. Das stört mich nicht im geringsten. Erst recht nicht, wenn du mir und den Kindern die Sehenswürdigkeiten deines Heimatplaneten zeigst. Doch wenn wir deine Familie besuchen, will ich nicht als Außenstehender da stehen. Verheiratet oder nicht, wir sind eine Familie."

Berenike ging lächelnd hinüber zu ihm und küßte ihn auf die Nasenspitze. "Ja, wir sind eine Familie und du gehörst dazu. Nichts kann das ändern, und so etwas Triviales wie dein Aussehen schon gar nicht. Meine Mutter weiß das."

Der kleine Delon sah seine Eltern zusammen stehen. Er zog an Berenikes Bein und streckte ihr seine Ärmchen entgegen: "Oben, oben!" Berenike lächelte und nahm ihn auf den Arm.

Das Kommgerät im Raum meldete eine eingehende Nachricht von hoher Priorität. Berenike drückte den Kleinen in die Arme seines Vaters und ging hinüber zum Kommgerät. Sie nahm das Gespräch an und bereute es in dem Augenblick, als das ernste Gesicht eines Admirals auf dem Bildschirm erschien. Sie ahnte Unheil.

"Guten Morgen. Captain Fischer, ich habe einen Einsatzbefehl für Sie," sagte er ohne Umschweife.

"Guten Morgen Admiral Weller. Sind Sie darüber informiert, das ich 3 Monate Urlaub habe?" fragte Berenike reserviert. Sie hatte in den letzten Monaten hart gearbeitet, zu hart für eine Mutter so junger Kinder. Für den Urlaub, den sie ihrer Familie gewidmet hatte, hatte sie ebenso hart gekämpft. Ihre direkte Vorgesetzte wusste das.

Admiral Weller fuhr ungerührt fort: "Es tut mir leid, Sie werden Ihren Urlaub verspätet antreten müssen. Er ist nicht gestrichen, nur verschoben. Sie haben vom Aufbau der Raumstation Mamori gehört. Der kommandierende Offizier von Mamori ist vorübergehend ausgefallen. Doch die Station kann gerade jetzt nicht ohne einen in Diplomatie erfahrenen Kommandanten bleiben. Mamoris Erster Offizier ist zu jung und gerade erst auf seinen Posten befördert worden. Geeignete Offiziere im Rang eines Captain stehen nicht auf Vorrat zur Verfügung, das wissen Sie. Ich habe die Liste derjenigen durchgesehen, die in Fortbildung, in fortgeschrittener Reha oder im Urlaub sind. Es kommen nicht viele in Frage, und die einzige mit genügend Erfahrung in Diplomatie sind Sie. Ihr Einsatzbefehl ist definitiv. Sie werden in einer Stunde abgeholt. Instruiert werden Sie auf dem Flug. Alles Gute, Captain Fischer. Ende"

Der Bildschirm erlosch. Berenike stand wie betäubt davor. Vier kleine Ärmchen griffen nach ihr. Atefv legte seinen Arm um sie. Seine Enttäuschung verbarg er hinter aufmunternden Worten: "Unser Urlaub ist nicht gestrichen, nur verschoben. Das ist ein Versprechen. Ich kümmere mich um die Kleinen. Und wenn dein Einsatz länger dauert, dann besuchen wir dich." Sanft strich er eine imaginäre Strähne aus ihrer Stirn.

Berenike schluckte hart. Sie wußte, das sie keine Wahl hatte. "Ich vermisse euch drei jetzt schon."

Die kleine Ilhra fing an zu weinen. Delon war noch zu jung um zu verstehen, worum es ging, doch er spürte die Veränderung in der Stimmung. Er weinte mit.


--- 29.Juni (gleicher Tag) 11:00 Uhr, Mamori OPS

Mit einem Werkzeuggürtel um den Hüften und ein paar weitere Geräte mit sich herum schleppend betrat Shay die OPS, das Kommandozentrum der Station. "Hallo zusammen", grüßte Shay in die Runde. Mit einem Blick verschaffte sie sich eine Übersicht und begab sich dann zu der Konsole, die neben der OPS lag. Mit einer schnellen Bewegung entfernte sie die Verkleidung der Konsole und verschwand mit einigen Werkzeugen in deren Inneren.

   -- 11:00 Uhr, Mamori, Labor 1

Ireihvae hatte in den letzten 4 Wochen keine Zeit für Langeweile gehabt. Nachdem das provisorische Labor eingerichtet war, war es ihre Haupt- Aufgabe geworden, zuerst die Schutzanzüge und dann die Bomben zu untersuchen. Ein paar böse Bemerkungen von Commander Michaels hatten genügt um ihren Ehrgeiz zusätzlich anzustacheln, das Rätsel so weit zu lösen, wie es sich auf wissenschaftlicher Ebene lösen liess.

Die letzten 18 Stunden hatte Ireihvae mit einer Material Untersuchung verbracht, die alle 15 Minuten ihr persönliches Eingreifen erforderlich machte. Immer noch war sie dem Geheimnis des Sprengstoffs nicht ganz auf die Spur gekommen. Es fehlte nur wenig, doch dieses Wenige war entscheidend. Müde holte sie einen Espresso vom Replikator. Sie trank ihn in einem Zug aus und stellte die Tasse zum Recycling zurück. Die Wissenschaftlerin aktivierte ihren Kommunikator: "Thlhom an Lt. Cmdr. Jahari. Ich benötige technische Unterstützung in Labor 1. Haben Sie Zeit?"

   -- Mamori OPS

Shay kroch aus der Konsole wieder heraus und aktivierte ihren Kommunikator. "Hier Jahari. Ich bin in Kürze bei Ihnen", antwortete Shay, verschloss die Konsole wieder und ging mit ihrem Werkzeug in der Hand zum Lift.

   -- 11:05 Uhr, Mamori, Labor 1

Mit Schwung betrat Shay das Labor. "Wo brennts denn?" fragte sie, legte ihr Werkzeug ab und trat zu Ireihvae.

Ireihvae war froh, das die Chefingenieurin so schnell in ihr Labor gekommen war. Trotz Espresso sah sie müde und frustriert aus. Trotzdem blieb sie diszipliniert und höflich. "Lieutenant Commander Jahari, schön, das Sie Zeit für mich haben. Ich habe technische Probleme bei den metallurgischen Hochtemperatur- untersuchungen des Bombenmaterials", begann sie. "Sowohl mit dem Hochtemperaturviskosimeter als auch mit der Warm- umformsimulation. Die Untersuchungen sollten bis in den Temperatur- bereich von 1500°C eine Genauigkeit unterhalb der Messgenauigkeit des Computers aufweisen. ... tun sie aber nicht. Schon ab 800°C sind die Warmfließkurven nicht mehr aussagefähig, und eine exakte Ermittlung des Entfestigungs-, Ausscheidungs- und Umwandlungsverhaltens des Untersuchungsmaterials ist ab 800°C nicht mehr gegeben. So kann ich der Stationsleitung keine Ergebnisse liefern. Ich habe bereits alles überprüft, was ich selbst überprüfen kann, Konfiguration der Anlage, Diagnosetools. Eine Systemdiagnose brachte nur das Ergebnis, das mit der Hochtemperatur etwas nicht stimmt. Das hilft mir nicht weiter, denn das merke ich selbst. Jetzt brauche ich Sie."

"Na, dann wollen wir uns das gute Stück mal genauer ansehen", meinte Shay und fing an das Gerät auseinderzunehmen. Zwischendurch hastete sie zum Computer und rief die Diagnose- protokolle ab. "Hm, ja... nein, das kann es nicht sein... oder doch?" murmelte Shay vor sich hin. Dann ging sie wieder zu dem zerrupften Gerät. "Hm, das Thermometer ist in Ordnung und die Lüftung auch. Es könnte allerdings an der Wärmeleitung in den Spulen und Supraleitern liegen, oder am Brennkopf. Das finden wir schon raus", meinte Shay und bastelte weiter.

Ireihvae sah ihr interessiert zu."Wie kann ich Ihnen helfen?" fragte sie.

Shay sah auf und Ireihvae kurz irritiert an. "Ach so, Sie können die Konsistenz und Leitfähigkeit der Spulen überprüfen", meinte Shay und drückte der Romulanerin ein tricorder-ähnliches Gerät in die Hand. "Es funktioniert ähnlich wie ein Tricorder. Sie müssen lediglich die Spezifikationen der Spulen eingeben, das Gerät scannt die Spulen und sagt Ihnen dann, was damit nicht stimmt", erklärte Shay und wartete gespannt, ob Ireihvae mit dem Gerät umgehen konnte.

Mit einem Trikorder konnte Ireihvae umgehen, wie eine Spule aussah, wußte sie auch. Ihr fehlte nur noch ein Detail. "Woran erkenne ich Spezifikationen der Spulen?" fragte sie.

"Das Gerät hier verwendet X-331 Tritanium-Spulen. Die Spezifikationen lässt man sich am besten vom Computer geben", erklärte Shay und rief die entsprechenden Daten auf dem Terminal auf.

"Danke", sagte Ireihvae. Mit den Spezifikationen, die sie von Shay bekommen hatte, konnte sie mit der Arbeit beginnen. Es war wirklich nicht schwer. "Danke, auch deshalb, dass Sie so schnell gekommen sind", sagte sie: "Ich ... ich glaube, ich stehe stark unter Druck." Ireihvae hielt inne. Sie bekam ihr erstes Scan-Ergebnis. Die erste Spule war einwandfrei.

"Kein Problem. Die Konsolen der OPS können noch etwas warten. Das ist nichts Dringendes", erkärte Shay und wandte sich dem Brennerkopf zu. "Das kann ich verstehen. Da Sie die Bomben analysieren, lastet auf Ihnen die ganze Verantwortung und die Erwartung der anderen", meinte Shay.

"Und das Misstrauen", fügte Ireihvae niedergeschlagen hinzu. "Die Stationsleitung... Commander Michaels ... hat schon früh gesagt, dass er die Romulaner als Bombenleger verdächtigt. Eine romulanische Bauweise der Bomben wurde gleich zu Beginn ausgeschlossen, nicht einmal von mir, sondern von neutraler Seite. Der Commander sah dies als Beweis für romulanische Schuld. Romulaner würden sicher ihre Spuren verwischen." Ireihvae zuckte hilflos die Schultern. "Es könnte genau so gut jede andere Spezies oder Gruppierung sein. Die Romulaner haben nicht mal ein Motiv. Kein Romulaner war auch nur in der Nähe, in der Zeitspanne in der die Bomben gelegt wurden ... und trotzdem sehe ich mich Misstrauen gegenüber. Misstrauen, das ich nur durch klare, wissenschaftliche und nachvollziehbare Fakten widerlegen kann. Ich habe viel erreicht in den letzten 4 Wochen. Aber ich kann nicht beweisen, wer der Urheber des Anschlags ist. Eigentlich ist das die Aufgabe der Sicherheit, ich kann nur Fakten liefern. Und doch ... ich fühle mich heftig unter Druck." Auch die zweite Spule war einwandfrei.

"Na, dann wollen wir uns das gute Stück mal genauer ansehen", Überrascht sah Shay auf. "Ich glaube, jeder von uns ist einem gewissen Maß an Mißtrauen ausgesetzt. Sie sollten das nicht überbewerten", meinte Shay und versuchte Ireihvae zu beruhigen. "Hm, der Brennerkopf ist in Ordnung. Aber irgendwie scheint die Energie nur unzureichend zu ihm durchzukommen",murmelte Shay. "Wie sieht's bei Ihnen aus?" fragte sie Ireihvae.

"Die dritte Spule ist nicht in Ordnung. Die Leitfähigkeit hat einen Wert, weit außerhalb der Norm", stellte Ireihvae fest. "Meinen Sie wirklich, das ich allgemeines Mißtrauen zu sehr auf mich beziehe? Sie und die anderen, ihre Völker gehören zur Föderation, meines nicht. Ich habe es nie besonders leicht gehabt, in einer neuen Umgebung."

"Da irren Sie sich. Mein Volk gehört nicht zur Föderation. Na ja, jedenfalls nicht richtig", stellte Jahari klar. Ihr Volk befand sich zwar im Bereich der Föderation, aber es war kein vollwertiges Mitglied. "Ich würde Ihnen raten, nicht jeden Blick oder jedes Wort auf die Goldwaage zu legen und auf sich zu beziehen", meinte Shay. "Nicht in Ordnung? Dann haben wir den Fehler ja gefunden", sagte sie und ging zu Ireihvae. "Sie haben recht. Na, dann werden wir die mal austauschen und sehen, ob es dann geht", sagte sie.

Ireihvae lächelte: "Das ist wohl die angeborene romulanische Wachsamkeit... Halten Sie es für möglich, das die defekte Spule bereits der gesuchte Fehler ist? Oder könnte es sein, dass ein tieferliegendes Problem die Spule beschädigt? Ein Energiestrom, der durch ein anderes defektes Bauteil zu stark oder zu schwach bei der Spule ankommt?"

"Diese Wachsamkeit ist wohl bei jedem angeboren. Nur bei einem mehr, beim anderen weniger", meinte Shay lächelnd. "Es ist durchaus möglich, dass dies schon der Fehler ist. Wir werden die Spule austauschen und einen Testlauf machen. Dann werden wir wissen, ob sonst noch etwas defekt ist", erklärte Shay und ging zum Replikator. "Eine X-331 Tritanium Spule", sagte sie, und kurz darauf erschien das gewünschte. Sofort machte Shay sich daran, die defekte Spule durch die neue zu ersetzten. "So, nun kommt der Moment...", murmelte Shay und fuhr die Maschine langsam hoch. "Halten Sie die Spulen im Auge", sagte sie zu Ireihvae.

Ireihvae wußte, dass Misstrauen und Wachsamkeit bei ihr mehr als nur angeboren waren. Sie mußte vorsichtig sein. Sie hatte keine Ahnung, ob diese Vorsicht noch berechtigt war, oder ob sie beginnen durfte, sich sicher zu fühlen. In den Jahren in der Kolonie hatte sie begonnen, sich mehr und mehr sicher zu fühlen... bis die Jem'Hadar kamen, und die Kolonie dem Krieg zum Opfer fiel. In der neuen Umgebung kam die Wachsamkeit zurück und das Gefühl von Sicherheit verschwand. Da merkte sie, das es ihr gefallen hatte, Wurzeln zu schlagen, und dass das rastlose Leben ihr nicht mehr lag. Nun war sie hier und suchte erneut nach einem neuen Platz im Leben. Ob es ihr gestattet war? Die neue Spule brannte fast sofort durch. Ireihvaes Trikorder zeigte dieselben Werte an wie bei der defekten. Ireihvae schüttelte den Kopf. "Das war's nicht. Die neue Spule ist sofort zerstört worden."

"Nishtay", fluchte Shay. "Am Brennerkopf liegt es nicht. Der hat einwandtfrei funktioniert. Dann muss etwas an der Wärmezuleitung nicht stimmen. Haben Sie da irgendwelche Werte bekommen?" fragte Shay mit wenig Hoffnung. Sie ging zu den Spulen, entfernte die Abdeckung und griff nach der nun wieder defekten Spule. Prompt verbrannte sie sich die Finger, da die Spule noch nicht heruntergekühlt war. Shay ließ die Spule fallen und besah sich ihre Finger, die an den entsprechenden Stellen dunkelblau wurden. "Die Kühlung scheint auch defekt zu sein", knurrte sie und machte sich daran, das Gerät weiter auseinander zunehmen, um den Fehler zu finden.

"Kann ich helfen? Es gibt ein Erste Hilfe Set im Raum", fragte Ireihvae.

"Ja, schauen Sie mal nach, ob Sie was finden. Mit den empfindlichen Fingern wird das nicht so einfach das Gerät zu reparieren", meinte Shay und sah zu, wie Ireihvae mit dem Erste-Hilfe-Set wiederkam.

Ireihvae fand den Regenerator und begann, Shays Verbrennungen zu behandeln. Sie waren zum Glück nicht sehr schlimm. "Das sollte erst einmal genügen, aber bitte gehen Sie später zu Doktor de wit Buikater. Ich kann nur Erste Hilfe leisten, eine Ärztin kann ich keinesfalls ersetzen", sagte Ireihvae.

"Danke. Ja, ich werde mich später darum kümmern", erkärte Shay und machte sich wieder daran, das Gerät systematisch auseinanderzurupfen. "Aha", rief sie triumphierend und hielt zwei Kabel in der Hand. "Also, wenn's das jetzt nicht ist, dann hab ich den Beruf verfehlt", meinte Shay und hielt Ireihvae zwei Kabel hin, deren Isolierungen beschädigt waren. "Das könnte den zu hohen Energieanstieg auf die Spule erklären", murmelte Shay.

"Wunderbar, das ging schnell." Ireihvae lächelte Shay dankbar zu. Sie war erleichtert, das der Defekt relativ schnell gefunden wurde. So konnte sie doch noch hoffen, ihre Untersuchungen abschließen zu können.

"Na, wir wollen doch den Tag nicht vor dem Abend loben. Erst mal alles wieder einbauen, und wenn's dann läuft, dann war das der Fehler", versuchte Shay Ireihvae zu dämpfen. Sie ging zum Replikator, um neue Kabel und wieder eine neue Spule zu replizieren. Dann machte sie sich daran alles wieder zusammenzusetzen.

Ireihvae war an einem Punkt, an dem sie Shay nicht mehr unterstützen konnte. Sie räumte das Erste Hilfe Set zurück an seinem Platz. Während sie wartete und Shay zusah, dachte sie über ihre letzte Untersuchung des Bombenmaterials nach. Ihr war klar, dass sie schon bald über sehr viel persönlichere Dinge nachdenken mußte. Doch jetzt noch nicht, nicht vor Abschluß der Untersuchung.

Schließlich hatte Shay alles wieder zusammengefügt. "So, fahren wir noch einen Testlauf. Mal sehen wie es diesmal läuft", meinte Shay und startete die Maschine.

Ireihvae beobachtete die gefährdete Spule. Diesmal brannte sie nicht durch. Ihr Trikorder verriet stabile Werte. Noch wartete sie Shays Meinung ab. Dass die Spule hielt, sagte noch nichts über das gesamte System.

"Scheint ja so, als hätten wir den Fehler gefunden. Im Moment ist die Temperatur stabil bei 1400°C", erklärte Shay und drosselte das System langsam wieder. "Ich bleib aber noch was hier, falls Sie bei Ihrer Untersuchung wieder durchbrennen sollte", meinte Shay. "Es sei denn, ich störe Sie", fügte Shay rasch an.

"Sie stören überhaupt nicht", antwortete Ireihvae: "Ich werde mit einer einfachen Untersuchung beginnen. Wollen Sie mir helfen?"

"Gerne, wenn Sie mir sagen wie", meinte Shay und die beiden Frauen arbeiteten nebeneinander. Nach einiger Zeit meinte Shay: "Na, läuft doch wunderbar. Jetzt dürften bald die ersten Ergebnisse vorliegen oder?"

"Ja, ich rechne jeden Moment damit", bestätigte Ireihvae. Ein vorsichtiges Piepsen des Computers verriet, das die Materialuntersuchung der Bombe ihr Ende gefunden hatte. Ireihvae nahm vor dem Monitor Platz. Kurven und Zahlenreihen huschten vorbei. Sie hielt manche Darstellung an, andere überflog sie nur. Schließlich zog sie eine Augenbraue hoch und sah hoch zu Shay. "Ich habe es fast erwartet. Das Bombenmaterial stammt aus keiner bekannten Produktion. Ich werde einen ausführlichen Bericht an die Stationsleitung schreiben und alle Untersuchungen und Auswertungen im Computer hinterlegen. Um es kurz zusammenzufassen: Das Material der Bombe ist in einer kalten Hochdruck-Atmosphäre hergestellt worden, die sich zusammensetzt aus Wasser, Helium, Ammoniak, Methan, Ammoniumhydrosulfid und Spuren einiger anderer einfacher Moleküle - ein Gasriese! Humanoide Völker können nicht auf Gasriesenplaneten leben. Außerdem weist die Bauweise der Bombe massive Unterschiede zu der Bauweise aller bekannten Völker auf, die auch nur annähernd humanoide Körper besitzen. Wer immer diese Bomben hergestellt hat, ist uns vollkommen fremd. Das heißt nicht, dass der oder die Bombenleger auch Unbekannte sind. Waffen aller Art kann man kaufen. Doch das herauszufinden ist wirklich nicht meine Aufgabe." Ireihvae atmete tief durch.

"Da haben Sie recht. Das ist Sache der Sicherheit", stimmte Shay Ireihvae zu. "Nun, da hier alles läuft, brauchen Sie mich hier nicht mehr, oder?" fragte Shay Ireihvae und suchte schon mal ihr Werkzeug zusammen.


--- 30. Juni (nächster Tag), 18:00 Uhr, Mamori, Holosuite 2

Zufrieden lag Shay auf ihrer Luftmatratze und ließ sich auf dem Wasser der Lagune treiben. Sie genoss die Sonne auf ihrer Haut und tauchte ganz in Gedanken eine Hand ins Wasser. Sie hatte einfach irgend ein Programm aus der Datenbank aufgerufen, und es hatte sich als sehr gut herausgestellt. Es handelte sich um eine tropische einsame Lagune, gesäumt von einem weißen Sandstrand und Palmen. Wie immer kehrten Shays Gedanken nach einiger Zeit zu Wrad zurück und ihre erst kürzliche zurückliegende Begegnung.


--- (gleicher Tag) 18:00 Uhr, Mamori, Quartier Kaan

Nach seinem täglichen schweisstreibenden Training stand Wrad unter der Dusche und überlegte, was er mit dem angebrochenen Abend anfangen sollte. Er vermisste Dana entsetzlich. Kirah konnte er viel zu selten sehen... er war einsam. Das Promenadendeck war zwar immerhin errichtet, aber noch völlig leer. Aber wenigstens hatten sie bereits Holodecks. Das war eine gute Idee, die mal auszuprobieren... da gab es auch durchaus Programme gegen "Einsamkeit"... Mit neuem Elan stieg er in seine Lederhose und ein schlichtes T-Shirt und zog los.

Zu seiner Enttäuschung musste er feststellen, dass beide Holodecks bereits belegt waren. In Holodeck 2 war nur eine Person, und der Titel "Lagune" klang sehr vielversprechend. Vielleicht war dort Platz für eine weitere Person? Es war nicht verriegelt.

   -- Mamori, Holo-Suite 2: "Lagune"

Entschlossen öffnete er die Tür und betrat die zauberhafte Landschaft. "Hallo?" fragte er in die Gegend, sich lächelnd umblickend. "Störe ich?"

Vor Schreck fiel Shay von ihrer Luftmatratze und landete im lauwarmen Wasser. Prustend kam sie wieder hoch und strich sich die Haare aus der Stirn. "Wrad", rief sie freudig. "Nein, du störst nicht. Was hat dich denn hier her verschlagen?" fragte Shay und ging zum Strand. Zum Vorschein kam immer mehr von ihrem knallbunten Bikini, der sehr vorteilhaft zu ihrer Hautfarbe passte. Für einen Moment gab sie sich der Hoffnung hin, Wrad wäre ihretwegen gekommen.

"Oh, hallo Shay", grüsste er sie erfreut, und liess seinen Blick bewundernd über ihren Körper schweifen. "Hübsch...e Gegend", ergänzte er rasch, während er sich in den Sand setzte. Er war wirklich froh, dass er nicht erbläuen konnte, aber seine Fühler wanden sich verlegen.

Shay fand Wrads Schüchternheit geradezu anziehend. "Ja, ich habe diesesProgramm durch Zufall entdeckt", meinte sie und ließ sich neben ihn in den Sand sinken. Kritisch musterte sie ihn von oben bis unten. "Meinst du nicht, du hast zuviel an? Für diese Umgebung meine ich", erklärte Shay und ihre Gesichtstattoos hoben sich deutlicher hervor, als ihre Gesichtsfarbe eine Nuance dunkler wurde. "Wie wäre es mit einer Badehose?" fragte sie keck.

Wrad lachte verlegen auf. 'Wie wäre es ohne?' ging ihm nur durch den Kopf, wenn er sie so sah - aber das würde ihm niemals über die Lippen kommen. "Ähm - ja. Für die Umgebung eindeutig ja. Konnte ja keiner ahnen, dass ich heute noch in den Tropen lande..." Vorerst zog er sein T-Shirt aus, dagegen war ja wenig einzuwenden. Die Badehose hatte noch etwas Zeit, seiner Meinung nach. Er gedachte zunächst mal ein wenig sitzen zu bleiben.

Shay machte ein leicht enttäuschtes Gesicht, als sie sah, dass Wrad keine Anstalten machte noch mehr als sein T-Shirt auszuziehen. "Heute morgen hatte ich das auch noch nicht gedacht. Aber ich finde dieses Kleidungsstück aus der Datenbank des Replikators doch recht praktisch", meinte Shay und zupfte an einem Bikiniträger. "Hast du das mit Vasquez gehört? Geht zur Ausbildung auf ein Schiff und bleibt dann dort. Krass oder?" fragte sie Wrad, nichts ahnend, dass er Dana nachtrauerte. "Willst du nicht doch die Hose ausziehen? Wir können das Holodeck ja verriegeln", meinte Shay.

Zum Bikini nickte Wrad anerkennend, aber als sie so von Dana sprach, wurde sein Blick kühl. "Dana Vasquez ist... eine gute Freundin von mir", erklärte er nachdrücklich, "und...ich finde es nicht 'krass', sondern... furchtbar." Jegliche Lust, die Hose auszuziehen, war ihm im Moment vergangen. Er musste daran denken, wie er vor Dana gezwungenermaßen in Unterhose herumgelaufen war, und das versetzte ihm einen schmerzhaften Stich. Traurig starrte er Löcher in den Sand.

"Hey, ich...", seit langer Zeit wußte Shay nicht was sie sagen sollte. Sie wollte Wrad tröstend die Hand auf die Schulter legen, doch in letzter Sekunde stoppte sie ihre Bewegung und ließ die Hand wieder sinken. "Es tut mir leid, dass ich sie erwähnt habe", meinte Shay, betrübt, die Stimmung gekillt zu haben.

Wrad sah zu ihr auf. "Schon gut", seufzte er. Ihre Bewegung hatte er gesehen, und nun war er es, der ihr die Hand auf die Schulter legte. "Konntest Du nicht wissen."

Shay durchlief ein Schauer, als sie Wrads Hand auf ihrer nackten Schulter spürte. Sie legte nun ihrerseits ihre Hand auf seine und blickte ihm in die Augen. "Hast du nicht Lust, mit ins Wasser zu kommen? Es ist sehr angenehm", meinte Shay lockend und fuhr sich unbewußt mit der Zunge über die Lippen.

Seine Miene hellte sich auf. Als er ihr in die Augen sah, fielen ihm etliche Dinge ein, zu denen er Lust hatte. Baden gehen war auch nicht schlecht. "Ok", zog er seine Hand mit einem sanften Streicheln zwischen ihrer Schulter und ihrer Hand heraus und erhob sich. Lächelnd klopfte er den Sand von seiner Lederhose. "Dann besorge ich mir mal eben eine Badehose."

Suchend sah er sich nach einem Replikator um, bis ihm einfiel, wo er gerade war. Hinter ein paar niedrigen Palmen suchte er Schutz vor neugierigen Blicken. "Computer, eine Männer-Badehose, schwarz, Größe L", bestellte er und zog sich rasch um.

Dann trat er wieder hervor. "Bereit", lächelte er, "wer zuerst im Wasser ist..." Und er lief los.

Shay war Wrads Blick nicht entgangen. Es gab also noch Hoffnung. "Computer, Holodeck 2 verriegeln. Jahari 9-7-9", sagte Shay, und der Computer piepte bestätigend. Normalerweise hätte Shay alles darum gegeben vor Wrad im Wasser zu sein, doch so ließ sie sich etwas zurückfallen, um seine knackige Rückseite in der engen Badehose zu betrachten. Dadurch kam sie nur wenige Sekunden nach ihm im Wasser an. Prustend kam sie neben ihm an die Oberfläche. "Ok, du hast gewonnen. Du darfst dir deinen Preis aussuchen", erklärte sie Wrad feierlich.

"Du hast gemogelt", grinste er breit und stupste sie in den Bauch, "das gilt nicht." Ok, er war fit, aber erstens war sie nicht unfit und zweitens war sie bedeutend näher am Wasser gewesen. Er tauchte unter und versuchte ihr die Beine unter ihrem Körper wegzuziehen.

"Ok, ich gestehe. Aber deine Rückenansicht konnte ich mir einfach nicht entgehen lassen", meinte Shay lachend. Plötzlich spürte sie Wrads Finger an ihren Beinen. Wieder lief ihr ein Schauer über den Rücken, und so verlor sie das Gleichgewicht und tauchte unter. Als sie wieder an die Oberfläche kam rief sie lachend: "Das schreit nach Rache." Und stürzte sich auf ihn.

Sie rauften und kabbelten sich eine ganze Weile, lachend und prustend, und gerieten dabei immer weit weg vom Strand in das tiefere Wasser. "Stop!" prustete Wrad völlig außer Atem, nachdem sie ihn gerade tatsächlich wieder mal erwischt und untergetaucht hatte. Mittlerweile konnten sie nicht mehr stehen, also schwamm er ein wenig auf der Stelle und strahlte sie glücklich an. Shay war wirlich schön, und er war sich nicht sicher, ob sein Puls nur vom Toben so schnell geworden war.

Auch Shay blickte Wrad glücklich an. Wie lange war es her, dass sie so ausgelassen rumgetobt hatte? "Habe ich dich schon geschafft, Wrad?" fragte Shay ihn neckend. Auch ihr Atem ging schneller und dementsprechend schnell hoben sich ihre Brüste. Shay paddelte ebenfalls auf der Stelle und trieb auch durch die Strömung näher auf Wrad zu.

Mit einem Grinsen griff er nach ihrer Hand und zog sie dichter an sich heran. "Ja, Du hast mich geschafft", sagte er leise und strich ihr sanft eine klitschnasse Haarsträhne aus dem Gesicht. Er beobachtete genau, wie sie darauf reagierte, liess seine Finger auf ihrer Wange ruhen und fuhr mit dem Daumen um ihre Lippen herum.

Nur zu gern ergriff Shay Wrads Hand und ließ sich zu ihm ziehen. Dicht aneinandergeschmiegt trieben die beiden Körper im Wasser. Wie gebannt sah Shay Wrad an, genoss das Gefühl seiner Hände auf ihrer Haut. Wie von einem Magnet angezogen verkürzte sich die Distanz zwischen ihnen, bis ihre Lippen nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren.

Diesmal war er sich ziemlich sicher, dass er keinen schmerzhaften Tritt in die Weichteile riskierte. Er gab ihr ein paar sehr sanfte, ziemlich naßkalte Küsschen. Es war schwierig und unbequem, dabei über Wasser zu bleiben. "Komm", sagte er nur und schwamm zurück in Richtung Strand, ihre Hand immer noch festhaltend.

Lachend ließ sich Shay von Wrad in Richtung Strand ziehen. Sie selbst steuerte nur wenig dazu bei, zumal er noch ihre Hand hielt. Nur wenige Meter vom Meer entfernt fielen die beiden in den warmen Sand und puderten sich dadurch komplett mit Sand ein. Schließlich befand sich Wrad über Shay. Shay sah fasziniert in Wrads Augen, legte ihm ihre Arme um den Nacken und drückte sanft ihre Lippen auf seine.

Der Andorianer wurde völlig von Leidenschaft übermannt, und seine Küsse machten das sehr deutlich. Seine Hände waren plötzlich praktisch überall auf ihrem Körper, und ihr Bikini-Oberteil war sehr schnell abgestreift.

Shay erwiderte Wrads Küsse nicht minder leidenschaftlich. Shay entrang sich ein Stöhnen, als sie Wrads Hände auf ihren nackten Brüsten spürte. Sie bewegte sich unruhig unter Wrad, konnte seine Erregung deutlich spüren. Leider waren ihre beiden Hosen noch im Weg. Für wenige Sekunden löste Shay ihre Arme von Wrad und löste die beiden Schleifen, welche ihr Bikini- Höschen zusammenhielten.

   -- einige Zeit später

Seichte Wellen umspülten sanft ihre nackten Körper. Sie lagen nebeneinander in der Sonne und genossen die milde Abkühlung. Wrad hatte die Augen geschlossen, und auf seinen Lippen lag ein sehr zufriedenes Lächeln.

Zufrieden lag Shay neben Wrad und versuchte das gerade erlebte zu verarbeiten. "Wow", meinte Shay nur. Sie drehte sich auf die Seite, stützte den Kopf ab und betrachtete Wrads Profil.

"Selber wow", schmunzelte Wrad leise. Mit einer Hand schirmte er seine Augen gegen die Sonne ab und blinzelte sie an.

Glücklich lächelte sie Wrad an, als dieser ihr sein Gesicht zuwandte. "Was hältst du von einem kleinen Picknick im Sand, zum Kräftetanken?" fragte sie Wrad. Shay erhob sich geschmeidig und strich den Sand vom Körper. "Apropos, essen. Wollten wir nicht mal abends zusammen essen gehen?" fragte Shay, während sie an der nahe gelegenen Wand den Replikator ausfindig machte.

"Ja", nickte er. Er hatte nur keine Lust, sich zu rühren, und blieb im weichen feuchten Sand liegen, gelegentlich von etwas Wasser um- und unterspült. Seine Füße waren schon fast im Sand verschwunden. "Wie wäre es mit heute abend?" grinste er, und wartete ab, was Shay zu "servieren" gedachte. Er hatte tatsächlich Hunger.

"Bist du geschafft?" fragte sie ihn lachend, als er keine Anstalten machte sich zu rühren. "In Ordnung. Mal sehen, was de Replikator so hergibt", meinte Shay und tippte auf dem Anzeigenfeld herum. Eine Speise nach der anderen erschien. Schließlich kam Shay mit zwei großen Tabletts an. Es befanden sich andorianische, haliianische und Speisen von anderen Welten auf den Tabletts. Und zum Schluß brachte Shay noch eine Schüssel mit Mousse au Chocolat und zwei Löffel. "Ich hoffe, ich habe das richtige geholt", meinte sie und sah Wrad fragend an.

Dieser Anblick verlieh Wrad genügend Kraft, um sich ruckartig aufzuseten. Er spülte seine Finger kurz im Wasser ab und ließ sich in einer trockenen Region des Strandes im Schneidersitz vor den Tabletts nieder. "Goldrichtig", lächelte er Shay an, "Ich danke Dir." Als erstes griff er zu einer unbekannten Frucht, mit viel saftigem grünen Fruchtfleisch. "Was ist das?" Neugierig schnupperte er daran, und da es angenehm säuerlich roch, biss er hinein.

"Aber gern geschehen. Ich muß dich doch bei Kräften halten", entgegnete Shay grinsend. "Das ist eine Bashrani Frucht. Sie wächst bei uns sehr häufig", erklärte sie. Sie selbst wollte schon zu einem Teller mit blauem Fisch greifen, doch sie entschied sich anders. Shay nahm ein Stück goldbraunen Fleischs und hielt es Wrad hin. Die Soße lief dabei an Shays Fingern hinunter.

Wrad lachte auf. "EINEN Fehler solltest Du nie begehen", grinste er, "meine Kräfte zu unterschätzen." Die Frucht war sehr lecker, aber als Shay ihm das Fleisch hin hielt, liess er sie wieder sinken. Er leckte einen herabrinnenden Tropfen der Soße von ihren Fingern und nahm einen herzhaften Biss vom Mullhornfleisch. Kauend sah er ihr zu.

"Ich werds mir merken", meinte Shay lachend. Shay hielt die Luft an, als Wrad den Tropfen Soße von ihrem Finger ableckte. Gebannt sah sie ihm beim Kauen zu, bis sie sich wieder aus ihrer Starre löste und selbst ein Stück von dem Fleisch probierte. "Köstlich", sagte Shay und leckte sich die fettigen Finger. Sie hätte nie gedacht, dass sich gegenseitig füttern so erregend sein konnte. Als nächstes nahm sie etwas von dem blauen Fisch und hielt auch davon Wrad wieder ein Stück hin.

Er rutschte ein Stückchen näher an Shay heran und nahm einen Bissen von dem Fisch, während er ihr die Bashrani hinhielt. Als sie zubeißen wollte, zog er sie jedoch grinsend ein Stückchen zurück.

"Hey", protestierte Shay. Sie krabbelte Wrads Hand hinterher, welche die Frucht hielt. Doch er schien sich einen Spaß daraus zu machen, die Frucht immer kurz vorher wegzuziehen. Schließlich krabbelte Shay über seine Beine, um endlich an die Frucht zu kommen.

Wrad ergriff die Gelegenheit und griff nach ihrem Po, während er ihr die Frucht sanft in den Mund stopfte. Der Fruchtsaft tropfte überall hin.

Mit vollem Mund landete Shay schließlich auf Wrads Schoss, woran er nicht ganz unschuldig war. Nachdem Shay die Frucht verspeist hatte, sah sie Wrad tadelnd an. "Sieh dir mal, was du für eine Schweinerei gemacht hast. Das werd ich wohl mal sauber machen müssen", erklärte Shay mit einem mutwilligen Funkeln in den Augen. Das Essen war erst einmal aus ihren Gedanken gestrichen. Sie beugte sich vor und leckte Wrad den Fruchtsaft von seiner Brust.

Mit einem leisen Stöhnen packte er sämliches Essen beiseite und ...

   -- noch viel später

Ermattet lag Shay neben Wrad. Sie hatte ihren Kopf auf seiner Brust gebettet, und er hatte seinen Arm um ihre Schultern gelegt. Beide dösten vor sich hin. Schließlich warf Shay einen Blick auf ihre verwüstete Picknickstelle. "Unser Nachtisch ist der Sonne zum Opfer gefallen", meinte sie grinsend.

Wrad schreckte hoch. "Was?" fragte er verwirrt, den Kopf hebend, bis er Shays Aussage nachvollzogen hatte. "Ach so. Ja", murmelte er müde, liess sich zurücksinken und kuschelte sie fester an sich. Zärtlich strich er ihr über den Rücken. Da war er doch peinlichweise tatsächlich einnickt! Unglaublich, wann war ihm das eigentlich das letzte Mal passiert? Das musste schon Jahre her sein... mit Kirah vermutlich... Müde hing er seinen Gedanken nach, und versuchte zu verdrängen, dass sie bald mal das Holodeck verlassen und in die Realität zurückkehren mussten.

Shay war ganz zufrieden damit so mit Wrad dazuliegen. Gedankenverloren zeichnete sie Muster auf seinen Bauch. "Habe ich dich nun doch geschafft?" meinte sie grinsend und konnte selbst ein Gähnen kaum verhindern.

"Was hast Du bloss immer mit Deinem 'Schaffen'?" fragte er grinsend nach. "Ja, Baby, Du hast mich absolut geschafft. Und ich Dich auch, Leugnen zwecklos", scherzte er und schickte sich an, sich aufzuraffen. "Shay", raunte er ihr zärtlich in die Haare, sich auf seine Unterarme stützend, so dass ihr Kopf langsam angehoben wurde, "das war wunderschön. Nur können wir nicht ewig hier bleiben..." Seufzend gab er ihr ein Küsschen auf den Kopf. "Ich muss gehen, Süße."

"Ja, du hast mich geschafft, Wrad", gab Shay ohne Probleme zu. "Nein, ewig nicht. Aber ruhig noch eine Weile. Aber wenn du gehen mußt, dann habe ich auch keine Lust mehr hier zu bleiben", meinte sie und schlüpfte in ihr gelbes Sommerkleid. Den Bikini rollte sie einfach zusammen und nahm ihn in die Hand. Sie gab Wrad noch einen Kuss. "Ja, es war wirklich wunderschön. Das können wir ruhig wiederholen", meinte Shay grinsend.

"Dafür bin ich auch", lächelte Wrad zurück und schlüpfte wieder in seine Hose und sein T-Shirt. "Wir sehen uns, Baby." Damit verließ er das Holodeck und kehrte in sein Quartier zurück.


--- EPILOG

Noch in derselben Nacht erreichte Starbase Mamori ihren Bestimmungsort. Commander Michaels wurde zu einer anderen dringenden Mission abberufen. Er übertrug das Kommando vorübergehend auf Suvan Talvert.